Bevor die Seelen eiskalt erfrieren
Es war Wahnsinn, was damals mit dem Mädchen Anne Frank geschah, es war Wahnsinn, was Salome von ihrem Vater forderte, es ist Wahnsinn, was heute in vielen Kriegsgebieten geschieht. Vielleicht ist das der Grund, warum die diesjährigen Liechtensteiner „Wahnsinnsnächte“ ihre Themen sehr weit gefasst haben. Eine Theaterinszenierung von „Anne“ gehört ebenso dazu wie die „Salome“ von Oscar Wilde. Und noch vieles mehr.
Die „Liechtensteiner Wahnsinnsnächte“ wurden vor zehn Jahren als öffentliches Festival ins Leben gerufen. Anlass war der Internationale Tag der psychischen Gesundheit am 10. Oktober. Da um diese Zeit in den Schulen von Liechtenstein und in der Region Ostschweiz meistens die Herbstferien sind, wird das Programm jeweils vor oder nach dem 10. Oktober gestartet. Ziel ist es, Menschen im Umgang mit sich und anderen achtsamer werden zu lassen. Im April dieses Jahres wurde das Projekt mit dem Preis der Internationalen Bodenseekonferenz IBK für Gesundheitsförderung und Prävention ausgezeichnet. Organisiert werden die Wahnsinnsnächte vom Psychologen Matthias Brüstle.
Immer wieder Anne
Über zwei Jahre lang konnte sich das Mädchen Anne Frank mit ihrer Familie und vier anderen Menschen in einem Hinterhaus in Amsterdam vor den Nazis verstecken. Kurz vor Kriegsende wurden sie entdeckt und abgeführt. Anne, ihre Schwester Margot und ihre Mutter sowie die vier anderen starben in Konzentrationslagern. Nur der Vater Otto überlebte und widmete sich der Herausgabe des Tagebuchs seiner Tochter und der Verbreitung der darin enthaltenen Botschaft.
Angst vor den Flüchtlingen?
Die Botschaft ist es denn auch, an die in den Wahnsinnsnächten erinnert werden soll. So meint Matthias Brüstle „dass von der Dynamik der Weltgeschichte möglicherweise so etwas wie eine drohende Wiederholung stattfindet, allerdings unter anderem Vorzeichen.“ Er führt weiter aus, dass damals wohl niemand Angst vor den Juden hatte und dass von den Asylsuchenden grundsätzlich genauso wenig Gefahr ausgehe wie damals von den Juden.
Das Stück „Anne“ in der Theaterfassung von Leon de Winter und Jessica Durlacher wird insgesamt 14mal gezeigt, inszeniert hat es Romy Forlin als Eigenproduktion des Alten Kino Mels, Anne Frank wird von Chiara Meier gespielt.
Vorträge mit Hain und Lingg
Die Liechtensteiner Ärztekammer steuert dieses Jahr den Vortrag „Humor - im Ernst?“ von Psychotherapeut Peter Hain zu den "Wahnsinnsnächten" bei. Ein weiterer hochkarätiger Vortrag steht am 14. September auf dem Programm: Der langjährige Chefarzt des LKH Rankweil Albert Lingg, der kürzlich mit dem Dr.-Toni-Russ-Preis der “Vorarlberger Nachrichten” ausgezeichnet wurde, wird über neue Erkenntnisse, Vorsorge und Möglichkeiten der Behandlungen von Demenzerkrankungen sprechen.
Demenz im Fokus
Das Theaterstück „Food Diaries“ zum Thema Essstörungen, die Filme “Hedi Schneider steckt fest“ und „4 Könige“ sowie die neue Eigenproduktion des TAK Theater Liechtenstein von Oscar Wildes „Salome“ beenden die diesjährigen "Wahnsinnsnächte". Davor wird Matthias Brüstle aber noch sein neues Engagement lancieren. Am 21. September stellt er das neue Projekt „Demenz“ vor, eine Anlaufstelle für Demenzkranke und ihre Angehörigen. Bei dieser Präsentation werden auch Auszüge aus "Der alte König in seinem Exil" von Arno Geiger, inszeniert von Brigitta Soraperra zu sehen und zu hören sein.