Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Gunnar Landsgesell · 28. Dez 2017 · Film

Voll verschleiert

Ein fanatisierter muslimischer Bruder sperrt seine Schwester ein, wird aber durch deren Freund in Burqa-Verkleidung hinters Licht geführt. Eine Gender-Swap Komödie, die vor lauter didaktischer Botschaften den Humor vergisst. Klingt angestrengt, ist es auch.

Zumindest mit einer Erwartung bricht dieser Film: „Cherchez femme“ läuft zwar unter dem deutschen Synchrontitel „Voll verschleiert“, klinkt sich aber nicht wirklich in Diskussionen über Kopftücher ein und lässt stattdessen in einer Gender Swap Comedy einen Mann unter eine Burqa schlüpfen. Das kommt so: Die Studentin Leila (Camélia Jordana) studiert Wirtschaftswissenschaften und hat sich für ein Praktikum bei den UN in New York angemeldet. Ihr Freund Armand (Félix Moati) findet das gut, doch dann kommt ihnen Leilas Bruder Mahmoud (William Lebghil) in die Quere. Jüngst als islamischer Fanatiker aus dem Jemen zurückgekehrt, sperrt er seine Schwester zuhause ein. Als Armand sich mit einer Burqa getarnt in deren Wohnung schmuggelt, verliebt sich Mahmoud in die seltsame Fremde.

Pointen, die ins Leere gehen

„Voll verschleiert“ ist eine hochgradig konstruierte Komödie, die sehr darauf bedacht ist, am Ende ihre pädagogische Botschaft ans Publikum zu bringen. Intellekt schlägt selbstverständlich Fanatismus, womit ein Happy End programmiert ist. Grobe Simplifizierungen werden dabei bis zur Groteske übertrieben, etwa wenn der (zweifach) verblendete salafistische Mahmoud Liebe mit religiösen Normen verwechselt und, äh, einen Mann mit einer Frau. Klar, dass diese Täuschung bei Regisseurin Sou Abadi als ebenso große Schmach angelegt ist, wie jene Szene, in der Mahmoud die SIM-Card seiner Schwester verschluckt, die er unter Hausarrest gestellt hat. „Du weißt, dass darin Schweinegelee verarbeitet ist“, triumphiert Leila nach dem fatalen Manöver. „Voll verschleiert“ ist auf paradoxe Weise eine zwiespältige Angelegenheit: „Verkehrte“ Beziehungen, wie jene zwischen Mahmoud (und seinem Setzkasten-Islam) und dem vollverschleierten Armand, der sich Scheherezade (!) nennt, kennt man aus Klamotten aus den Fünfziger und Sechziger Jahren. Wenn Peter Alexander in „Charleys Tante“ in Frauenkleidern auftrat, sorgte das für Erheiterung. Aber so einfältig, wie dieser Mahmoud, war der österreichische Entertainer natürlich nie ... Freilich wird die Welt am Ende doch wieder zurechtgerückt. Fanatismus erweist sich als heilbar, und auch mit dem queeren Ulk muss irgendwann Schluss sein. Und schließlich geht es zum Praktikum bei den Vereinten Nationen nach New York. Dann hat „Voll verschleiert“ doch noch eine Pointe gelandet.