Das Nederlands Dans Theater 2 beim Bregenzer Frühling (Foto: Udo MIttelberger)
Walter Gasperi · 25. Aug 2012 · Film

The Rum Diary

Bruce Robinsons Verfilmung von Hunter S. Thompsons autobiographischem ersten Roman schwelgt in schönen Bildern von Puerto Rico der 1960er Jahre, macht aber die Entwicklung des Protagonisten vom Herumtreiber zum ernsthaften Journalisten nicht nachvollziehbar.

Lange galt Hunter S. Thompsons in den 1960er Jahren geschriebener Debütroman als verschollen, erst mit Hilfe Johnny Depps, der mit dem Autor bis zu seinem Tod 2005 befreundet war, wurde „The Rum Diary“ 1998 veröffentlicht. Depp, der schon in Terry Gilliams bizarrer Thompson Verfilmung „Fear and Loathing in Las Vegas“ (1998) die Hauptrolle gespielt hatte, war auch die treibende Kraft bei dieser Verfilmung. Er fungiert als Produzent und übernahm selbst die Hauptrolle, obwohl er fast 20 Jahre älter ist als der Protagonist des Romans.

Amerikaner in der Karibik

Zu einer von Dean Martin gesungenen englischen Version von „Volare“ kreist ein knallrotes einmotoriges Flugzeug unter strahlend blauem Himmel über den Stränden von Puerto Rico. – Gelöste Urlaubsstimmung lassen diese ersten Bilder aufkommen. Groß ist die Fallhöhe zu Paul Kemp (Johnny Depp) – Thompsons Alter-Ego – der in einem verdreckten Hotelzimmer nach einer durchzechten Nacht verkatert erwacht. – Ein Insert datiert die Ereignisse auf 1960.
Mit der leuchtenden Flugszene und dem Alkoholrausch scheinen die Pole vorgegeben, zwischen denen sich „The Rum Diary“ bewegt. Kemp ist von New York nach Puerto Rico gekommen, um hier beim örtlichen englischsprachigen Blatt „The San Juan Star“ einen Job als Journalist anzunehmen. Doch obwohl hier mehrere Redakteure dem Alkohol zugeneigt sind, entwickelt Bruce Robinson kein beklemmendes Säuferdrama, sondern schwelgt in der Partystimmung von Puerto Rico.
Er zeigt zwar die Spannungen zwischen Einheimischen und arroganten reichen US-Amerikanern, die hier ihren Urlaub verbringen und die Insel als ihr Eigentum betrachten, vertieft diesen Akzent aber nicht. Robinson bleibt distanzierter Beobachter und blickt dabei mit sichtlicher Bewunderung auf Kemp, der sich nicht nur ausgiebig dem Rum hingibt, sondern auch Interesse an der Freundin (Amber Heard) des amerikanischen Immobilienunternehmers Sanderson (Aaron Eckhart) entwickelt, der Kemp als PR-Mann bei der Errichtung einer Hotelanlage an den traumhaften Stränden gewinnen will.…

Schicke Oberfläche

Nostalgisch rückt der 66-jährige britische Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor glanzvolle Parties, stilvolle Ami-Schlitten, Hahnenkämpfe und natürlich die attraktive Amber Heard ins Bild, zeigt in einer Fahrt mit einem schrottreifen Kleinwagen auch Lust am Klamauk, vergisst darüber aber die Figuren- und Handlungsentwicklung.
Auch auf die Exzentrik eines Terry Gilliam, der den Zuschauer in „Fear and Loathing in Las Vegas“ die Drogentrips seiner Protagonisten direkt miterleben ließ, verzichtet Robinson. Er erzählt linear und in ruhigem Rhythmus, pendelt aber unentschlossen zwischen Drama und Komödie und treibt kein Motiv und keinen Akzent entschieden weiter, sodass sich der Film letztlich in der eleganten Oberfläche verliert.