Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Gunnar Landsgesell · 18. Dez 2013 · Film

The Butler

Mit dem Sozialdrama "Precious" hat Lee Daniels sein Publikum geschickt in Emotionen verstrickt. Mit "The Butler" gelingt das nicht. Ein schwarzer Kellner, der 30 Jahre lang im Weißen Haus Präsidenten kommen und gehen sieht, erweist sich als zu passiv, um als Zeuge dramatischer gesellschaftlicher Umbrüche herzuhalten.

Wer hätte gedacht, dass die frühere Anti-Vietnam-Aktivistin Jane Fonda auch einmal in die Rolle von Nancy Reagan schlüpfen wird. Ein Nebenschauplatz in diesem Film, aber die Präsidentengattin kommt dennoch schlecht weg: Nancy hat den langjährigen schwarzen Butler Cecil Gaines (Forest Whitaker) explizit als Gast zum Gala-Diner ins Weiße Haus eingeladen. Allerdings nicht als  Zeichen ihres Respekts, wie dieser während der Veranstaltung merken muss, sondern um sich mit dem Feigenblatt des Liberalismus zu schmücken.

Es gibt einige Momente wie diesen, an denen „The Butler“ den Wandel der Zeit zu verdichten vermag. Darin liegt eigentlich auch die dringlichste Aufgabe dieses Unternehmens. Immerhin möchte Lee Daniels, Regisseur des Sozialdramas „Precious“, über die Zeitspanne von fast 30 Jahren, von 1957 bis 1983, anhand eines Lebens die Verwerfungen und Umbrüche der US-amerikanischen Gesellschaft skizzieren. Das gelingt nicht immer und vielleicht wäre in verschiedenen Szenen weniger doch mehr gewesen. Den unvermeidlichen Beginn der Erzählung markiert eine Plantagenszene, in der das Kind Zeuge von allem wird, was man gemeinhin mit der Barbarei dieser Zeit verbindet. Die Mutter vergewaltigt, der Vater erschossen, derart wird afroamerikanische Geschichte auf ein pulp-Format reduziert. Plakativ wirkt auch jene Begegnung, in der Sohn Louis (David Oyelowo) gemeinsam mit seiner Freundin als Mitglied der Black Panther in das Elternhaus zurückkehrt. Mit dem Habitus einer jungen Generation, vulgäre Sprache, antiautoritäre Ansichten und aufrührerischer Gestus, kann der Vater nichts anfangen. Es kommt vor den Augen der alkoholkranken Mutter (Oprah Winfrey) zum Zerwürfnis. Lee Daniels lässt das junge Paar, offenbar durch die Augen des Vaters betrachtet, tatsächlich regelrecht dummdreist wirken. Das läuft der Intention, den loyalen Angestellten des Weißen Hauses als Relikt erscheinen zu lassen, aber zuwider und diskreditiert jenen, den Sohn, der später eine spektakuläre politische Karriere hinlegt. Als parodistische Einlage auf die Sidney-Poitier-Komödie „Rat mal, wer zum Essen kommt“ hat es allenfalls Witz.

Ein grundlegendes Problem von „The Butler“ liegt aber darin, dass dessen Protagonist viel zu passiv ausgerichtet ist. Während die Transformation der unterwürfig-dankbaren House-Negro-Einstellung zum selbstbewussten African American Citizen sich über den gesamten Film hinzieht, laufen die gesellschaftlichen Ereignisse wie durch einen Zeitraffer vor den Augen des Mannes, und gleichermaßen des Publikums ab. Das bringt wenig innere Spannung und distanziert die Figur von Forest Whitaker wie jene von „Forrest Gump“ – nur eben unbeabsichtigt. Diesen Eindruck weichen auch simple Sätze wie „The Law was against us“ nicht auf, die wohl ganz bewusst mit einer Schicksalshaftigkeit eine schlimme Vergangenheit  beschwören sollen. Von anderen Sätzen hingegen würde man sich wünschen, dass sie auch im Geschehen selbst ernst genommen würden. „We have two faces“, erklärt ein Mann den jungen Cecil über Sklavenmentalität und Aufrührertum im Umgang mit Weißen auf. Und fügt hinzu: „Don’t let them feel threatened.“ Why not?, ist man versucht zu fragen.