Der beeindruckende Loop von Matthias Bildstein & Philippe Glatz als Wegweiser zur Langen Nacht der Museen.
Gunnar Landsgesell · 28. Mai 2015 · Film

San Andreas

Ein Desaster-Film, dessen CGI-Effekte ebenso gewaltig sind wie die Schlichtheit seiner Geschichte. Während Kalifornien im schlimmsten Erdbeben aller Zeiten untergeht, wird das für einen Rettungspiloten (Dwayne Johnson) der Auftakt dafür, seine bereits getrennt lebende Familie wieder zu vereinen.

Manchmal braucht es ein Erdbeben, um eine zerbrochene Familie wieder zusammenzuführen. So ein „Glücksfall“ ist für Ray (Dwayne „The Rock“ Johnson) die gründliche Zerstörung von ganz Kalifornien. Der Feuerwehrmann, der am liebsten seinen Helikopter in waghalsigen Rettungsaktionen steuert, wurde soeben von seiner Frau Emma (Carla Gugino) verlassen, die nun mit ihrer Tochter beim reichen Immobilienentwickler Daniel (Ioan Gruffudd) eingezogen ist. Der hatte bislang keine Kinder, nur seine Hochhäuser, die er wie seine Kinder hochzog, erklärt Daniel seiner Neo-Tochter im Privatjet fast schon reumütig. Doch bevor er noch ein paar Sympathiepunkte sammeln kann, hebt das katastrophalste Erdbeben, das (bis auf Emmerichs „2012“ und ein paar andere Filme) je auf eine Leinwand projiziert wurde, an und kehrt das Innerste des Menschen gnadenlos nach außen: Daniel entpuppt sich als ziemlicher Feigling, der in höchster Not nur an sich denkt, was Rays abtrünnige Ehefrau recht rasch wieder in Johnsons mächtige hilfreiche Helfersarme treibt. Dass die Reunification der Familie trotz dieser frühen Einsicht doch nicht reibungslos erfolgt, hat natürlich mit dem Erdbeben zu tun: Es stürzt ganze Hochhäuser über einzelne Familienmitglieder, reißt vor deren Augen einen tiefen Schlund in die Erde oder, wenn gar nichts mehr gegen Rays wilde Entschlossenheit hilft, es schickt eine gewaltige Tsunami-Welle los. Wo andere Menschen tödlich in den Wassersog hinabgerissen werden, bewältigt Ray auch diese Plage mit Bravour. Die Szene entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn Ray mit seiner Gattin auf einem Motorboot die Riesenwelle, die eben die Golden Gate Bridge zerschmettert, hochfährt und dort oben mit einem kurzen Blick das zerstörte San Francisco sondiert. Irgendwo, zwischen den schwimmenden Trümmern, wartet seine Tochter auf ihn.

"We'll build up something new"

„San Andreas“ erzählt trotz der alttestamentarischen Auslöschung, die hier eine Gesellschaft erfährt, nicht von den letzten Dingen der Menschheit, sondern hat nur Augen für den – ohnehin determinierten – Neubeginn einer Familie. Diese geradezu einfältige Dramaturgie wird durch gewaltige visuelle Bilderbögen der CGI-Spezialisten zur Größe gebracht. 3D liefert die räumliche Dimension zu dieser effektgetriebenen Staffel an Miniatur-Abenteuern. Diese bestehen aber nicht etwa im Dilemma des Verlustes von menschlicher Entscheidungsfähigkeit, sondern immer nur in der Wiederkehr der Gewalt der Natur - und sei es in Form des Körpers von Dwayne Johnson, der den schönen Namen San Andreas mindestens genauso verdienen würde wie die titelgebende Erdspalte. Während aber Kalifornien nach den Regeln von Desasterfilmen zerlegt wird, hat man immer das Gefühl, dass Dwayne Johnsons Ray bereits jene Sätze kennt, die er, US-fahnenbewährt, am Filmende seiner Familie verkünden wird: We’ll build up something new. In der Gestalt des Firefighters von 9/11 finden sich wieder aufgefrischt die proklamatorischen Kernwerte der US-amerikanischen Gesellschaft.