Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Gunnar Landsgesell · 09. Aug 2012 · Film

Prometheus

Den Vorläufer des schlichten, aber einflussreichen „Alien“ hat Ridley Scott zu einer – auch visuell – mächtig ausgreifenden Geschichte der Menschheit aufgepumpt. Das Ergebnis ist gleichermaßen gewaltig wie dünn.

Eigentlich hätte schon die Frage, woher das Alien stammt, gereicht, um dem gleichnamigen, verdienstvollen Werk Ridley Scotts aus dem Jahr 1979 noch einen reizvollen Gründungsmythos voranzustellen. Dass hinter dieser scheinbar schlichten Frage aber gleich die der Schöpfung der Menschheit stehen muss, war dann wohl doch unvermeidlich. Schließlich haben sich in den letzten 30 Jahren mehrere Sequels an Giger’s Chestburster & Facehugger-Monstern abgearbeitet. Nun wollte man also zumindest ein Level höher spielen. Tatsächlich ist die Vernichtung der Menschheit, die ja schon in „Alien“ auf dem Programm stand, ein alter Hut im Sci-Fi-Genre. Die Engineers, die Kreatoren des Menschen, auf deren Suche eine Crew in „Prometheus“ geschickt wird, war bislang indes vor allem Bibelfilmen vorbehalten. Ridley Scott und seine zwei Drehbuchautoren greifen aber auf die griechische Mythologie zurück, um nicht in den hitzig vertretenen Schöpfungsmythos der Kreationisten in den USA zu geraten. Visuell gibt das einiges her: Ein fürchterlich anzusehender milchweißer Koloss opfert in der Prelude des Films in höherem Auftrag sich selbst, um die Grundbausteine des Menschen in Form einer 3D-animierten Doppelhelix als fragwürdiges Geschenk in den Kinoraum zu schleudern. Die dunkle Flüssigkeit, gewissermaßen das Blut dieses prometheischen Engineers, wird später eine Frau, die engagierte Forscherin Elizabeth (Noomi Rapace aus „Verblendung“), die keine Kinder mehr bekommen kann, in wenigen Momenten mit einer eher problematischen Fruchtbarkeit bescheren. Zu diesem Zeitpunkt steckt der Zuseher aber auch schon in einem Handlungsgemenge drin, in dem sich die dramaturgischen und strategischen Kalküle dieser Produktion wild vermischt haben.

Mehr Fragen als Antworten

Eigentlich soll „Prometheus“ ja den Ahnen von „Alien“ abgeben. Ein kurzer Rückblick: Damals wurde Sigourney Weaver Teil einer Verschwörung. Sie hatte mit einer Crew auf einem intergalaktischen Erzfrachter angeheuert und fand das Raumschiff am Ende zu einem seltsamen Planeten umgeleitet, auf dem ein noch seltsameres, jedenfalls nicht menschliches, Skelett in einem Raumschiff lag. Ein Alien musste sich durch dessen geborstene Rippen gefressen haben. Bald darauf wurde auch Weaver klar, dass ihre eigentliche Mission war, diese Aliens auf die Erde zu bringen. Ein gewisser Konzern namens Weyland hatte dabei die Finger im Spiel. Auch in Prometheus steht dieser Konzern, eigentlich dessen Chef, ein mumienhafter Alter (Guy Pearce) hinter dem Geschehen. Er schickte die Forscher samt einem Androiden (Michael Fassbender) und der möglicherweise ebenfalls androiden, jedenfalls extra-kühlen Charlize Theron als Missionsleiterin aus, um den Ursprung des Lebens zu erforschen – und sich selbst damit die Unsterblichkeit zu sichern. (Um Konzernkritik geht es hier aber nicht...) Dass dazu in „Prometheus“ einiges an sinnbildlichem Repertoir aufgeboten wird – urzeitliche Würmer, Höhlenmalereien, ein ins perverse gewendeter Geburtsakt, die Flüssigkeit des Lebens, usw – versteht sich von selbst. Ob das alles Sinn macht, sei dahingestellt. Als Erklärungsmatrix für „Alien“ ist „Prometheus“ aber eher nicht geeignet. Selbst die Frage, ob das Skelett aus Alien vielleicht diesem Engineer gehört, bleibt unklar. Wie „Sight and Sound“ feststellte, wirft der Film mehr neue Fragen auf als er beantwortet. Schon ist ein zweites Prequel als missing link geplant. Dafür muss sich der düstere Weltenstreifzug aber erst an den Kinokassen bewähren. Schauspielerisch wird den Akteuren nicht viel abverlangt, wie schon in Nolans kürzlich vorgelegten Abschluss seiner Batman-Trilogie sind es aber eher die visuellen als dramaturgischen Effekte, die das Publikum zu überwältigen versuchen. Die Story komplex zu nennen, hat mehr mit den aufgewirbelten metaphysischen Splittern zu tun als damit, dass diese Geschichte eine innere Stringenz aufweist. Kurios mag einem vor allem auch erscheinen, dass das Prequel technisch mit ganz anderen Standards arbeitet, als es sein Nachfolger „Alien“ tat. Auch hier zeigt sich die Problematik solcher Unternehmungen. So gesehen hängt „Prometheus“ als Kinospektakel einigermaßen in der Luft. So wie auch dessen großspuriger Frage nach dem Werden und Sein des Menschen – Die Grenzlinie zwischen dem Humanen und Mechanischen wurde in Scotts „Blade Runner“ jedenfalls aufregender verwischt.