Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Gunnar Landsgesell · 12. Okt 2017 · Film

Maleika

Der Film folgt über mehrere Jahre einer Gepardenmutter, genannt "Maleika", und ihren sechs Jungen. Das ergibt faszinierende Bilder, schöne Bewegungsstudien, aber auch unangenehme anthropomorphe Betrachtungsweisen eines wilden Tieres, das dem Zuseher wie eine Disney-Gestalt begegnen soll.

Eine Gepardenmutter mit sechs Jungen ist der Star dieser Natur-Doku. Der Allroundkünstler Matto Barfuss hat Maleika über mehrere Jahre immer wieder mit der Kamera beobachtet. Oftmals zeugen die Bilder von erstaunlicher Nähe, und darin liegt im Wesentlichen auch der Wert dieses Films: Über die Länge eines Spielfilms kann die Gepardin bei der Jagd und der Aufzucht der Kleinen betrachtet werden. Gefährliche Konkurrenten, Verletzungen und heikle Momente inklusive. Viel Inszenierung braucht es nicht für diese Heldin, die durch die ihr eigene Ästhetik zu gefallen weiß. Wenn die Vorder- und Hinterbeine sich während der Jagd in der Luft überkreuzen (genannt: double suspension, bekannt auch von Greyhounds), dann ergibt das Bewegungsstudien, die selbst bei wiederholter Ansicht Eindruck machen. Lustig auch die Spielchen der Kinder, die auf einer geduldigen Mutter herumturnen und lernen, sich zu behaupten. Irgendwann, gegen Ende des Films, werden aus ihnen Jugendliche geworden sein, die erstmals die Mutter bei der Jagd unterstützen. Nicht alle der sechs Kinder von Maleika erleben diesen Moment.

 Sonderliche filmische Gattung


„Maleika“ wurde im Naturschutzgebiet Masai Mara in Kenia gedreht. Das ist eine Grassavanne, die nördlich des Nationalparks Serengeti liegt und flächenmäßig etwa vier Mal so groß ist wie Wien. Die ganz auf das Tier abgestellte Kamera öffnet sich nur selten einer Totale, um dem Zuseher einen Blick auf die Landschaft zu ermöglichen. Dass Masai Mara keine menschenleere Gegend ist, lässt hingegen ein Blick ins Internet vermuten. Hier taucht Masai Mara als Touristenmagnet auf, wo Veranstalter Ballon-Safaris anbieten und Camps betreiben, und reichhaltige Schauwerte von der Antilope bis zum Elefanten versprechen. Im Film wird darauf nicht weiter eingegangen. „Maleika“ schweift zwar ein paar Mal in einer oft ruppigen Montage von seiner Protagonistin ab, um vorübergehend einer Löwin oder einer anderen Gepardenmutter zu folgen, bleibt im Wesentlichen aber bei seiner gepunkteten Familie. Dabei erweist sich „Maleika“ als sonderliche filmische Gattung: Weder Naturfilm, in dem einem die komplexen Zusammenhänge eines Lebensraums nähergebracht werden (man denke an didaktische Klassiker wie „Serengeti darf nicht sterben“), noch Direct Cinema wie etwa Erich Langjahrs „Hirtenreise ins dritte Jahrtausend“ (2012), der kommentarlos dem Geschehen folgt. „Maleika“ wirkt streckenweise wie eine Disney-Parodie. Da werden den Gepardenjungen infantile Sätze über „Mami“ in den Mund gelegt und deren Handlungen auf anthropomorphe Weise „übersetzt“, während die Gepardin selbst mit eigentümlichen Adjektiven als Mutter „geehrt“ wird. „Maleika“ verfolgt keine kontemplative Agenda, wonach sich der Zuseher in die zyklischen Abläufe dieser wilden Tiere versenken kann. Die Bilder kommen kaum je zur Ruhe, vielfach bestehen sie aus aneinander gehängten Szenen der Jagd, als würden Großkatzen gar nicht ruhen. Zwischendurch stellt sich auch der Eindruck des Neuen, noch nicht Erfahrenen ein. Etwa, dass Gnus, deren Junge die Geparden als leichte Beute jagen, auch zurückschlagen. Sie trampeln wiederum Gepardenjungen tot, sobald sich die Mutter entfernt, um ihre Feinde frühzeitig auszuschalten. Dass eine kleine Antilope als „Snack“ bezeichnet und eine Herde von Gnus als „reich gedeckte Tafel“ bezeichnet wird, entspricht aber kaum dem Blick der Gepardin. Und unserem auch nicht.