Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 17. Mai 2012 · Film

Lachsfischen im Jemen

So absurd der Titel klingt, so ernst ist er gemeint, denn ein Scheich, der begeisterter Angler ist, will im Wüstenstaat Jemen Lachse ansiedeln. Aber nicht nur im Titel prallen in Lasse Hallströms Feelgood-Movie scheinbar unvereinbare Gegensätze aufeinander.

Die idyllischen Landschaften der schottischen Highlands hier, die gelbbraune jemenitische Wüstenlandschaft dort. Schon optisch arbeitet Lasse Hallström mit einem starken Gegensatz. Auf der Figurenebene wiederum stehen sich zunächst die Anlageberaterin Harriet Chetwode-Talbote (Emily Blunt) und der britische Fischereiexperte Alfred Jones (Ewan McGregor) gegenüber. Sie soll im Auftrag von Scheich Muhammad ibn Zaidi bani Tihama (Amr Waked) die Ansiedlung von Lachsen im Jemen in die Wege leiten, der Wissenschaftler hält das Projekt für völligen Schwachsinn.

Von der Screwballkomödie zur RomCom

Wie sich Chetwode-Talbote und Jones – lange werden sie sich konsequent mit ihren Nachnamen anreden – trockene Rededuelle liefern, steht ganz in der Tradition der klassischen Screwball-Komödie der 30er und 40er Jahre. Da geht es nicht nur um Fakten, sondern das ist auch ein Geschlechterkampf, bei dem die Funken sprühen. Bestens aufeinander eingespielt sind Emily Blunt und Ewan McGregor, man spürt, wie die Chemie zwischen ihnen stimmt. Vorauszusehen ist, dass sich da zwei über kurz oder lang zusammenraufen werden, sich aus dem verbalen Schlagabtausch eine romantische Komödie entwickeln wird. Denn zudem ist einerseits die Ehe von Jones längst erkaltet und Chetwode-Talbotes frischer Freund gilt im Irak als verschollen.

Famose Kristin Scott Thomas

Beeindruckt ist Jones zunächst, wie Chetwode-Talbote auch die unmöglichsten Forderungen erfüllt, einsteigen will er ins Projekt aber dennoch nicht. Dazu ist schon mehr Druck nötig, der bald von der Regierung kommt. Denn auf der Suche nach einer positiven Schlagzeile aus dem Mittleren Osten stößt die PR-Agentin (Kristin Scott Thomas) des britischen Premierministers auf die Lachsgeschichte. Schnell erkennt sie, dass man damit nicht nur ein Beispiel für Völkerverständigung vermarkten, sondern auch die Sympathien der zwei Millionen britischen Angler gewinnen könnte. Als große One-Woman-Show spielt Kristin Scott-Thomas diese mit allen Wassern gewaschene Pressefrau, ihr zuzuschauen ist pures Vergnügen.

Der Scheich und der Wissenschaftler

Jones aber ist nicht nur Gegenpol zur Beraterin des Scheichs, sondern auch zum Scheich selbst. Zählen für den Wissenschaftler nur trockene Fakten, betont der märchenhafte Scheich die Menschlichkeit und den Glauben an Utopien. Am Fischen interessiert ihn eben nicht so sehr der Fang als vielmehr Geduld, Demut und Toleranz, die man hier lerne. So wandelt und öffnet sich der Brite unter diesem Einfluss und feste Überzeugungen zerbröckeln. Neu geboren wird er förmlich, lebt auf wie die im jemenitischen Fluss ausgesetzten Lachse.
Manche Hindernisse werden zwar zu überwinden sein, denn auch ein so gütiger Herrscher wie der Scheich hat radikale Gegner und gar arge Bocksprünge schlägt die Handlung, am guten Ende können aber nie ernsthaft Zweifel aufkommen.

Lasse-Hallström-Film

Unverkennbar ist dies in seinem Gutmenschentum und seiner zwischen zum Süßlichen tendierenden gefühlvollen Erzählweise ein Film von Lasse Hallström, dem schon vor etwa zwölf Jahren mit „Chocolat“ ein großer Erfolg gelang und der sich auch sonst auf Literaturverfilmungen von John Irvins „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ bis zu Annie Proulx´ „Schiffsmeldungen“ spezialisierte.
Da mag Kristin Scott Thomas noch so entfesselt spielen, wirklichen Biss entwickelt „Lachsfischen im Jemen“ kaum. Statt aufzurütteln will Hallström vielmehr die Publikumssehnsucht nach Harmonie und heiler Welt befriedigen und den Glauben stärken, dass mit unermüdlichem Einsatz auch das Unmögliche machbar ist.
In den zwar sorgfältig gewählten, aber auch sehr glatten Bildern des seit rund 20 Jahren in Amerika arbeitenden Schweden haben Ecken und Kanten keinen Platz. Attentäter verschwinden so unvermittelt, wie sie auftauchen, und mag auch eine Katastrophe über das Projekt und alle Beteiligten hereinbrechen, so wird am Ende doch der Triumph stehen. – Man muss eben nur lange genug gegen den Strom schwimmen.
Sicherlich kein großer Film ist das, aber doch sehr solide gemachte Unterhaltung alter Schule, die es versteht das Publikum zum Lachen ebenso wie zum Weinen zu bewegen.