Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 17. Mai 2012 · Film

Aktuell in den Filmclubs (18.5. - 24.5. 2012)

Gewohnt kühl, aber ungemein präzise ist Christian Petzolds bei der heurigen Berlinale preisgekrönte DDR-Geschichte „Barbara“, die diese Woche vom Filmforum Bregenz und vom FKC Dornbirn gezeigt wird. Ein leises Drama über Trauer und Verlust bietet dagegen mit „Monsieur Lazhar“ das „Dienstagskino“ des Lindauer Club Vaudeville.

Barbara: DDR 1980: Weil die Ärztin Barbara einen Ausreiseantrag gestellt hat, wird sie von Berlin in eine Provinzklinik versetzt. Weiterhin plant sie die Flucht zu ihrem westdeutschen Geliebten, muss aber ständig fürchten, dass ihr Plan auffliegt. Misstrauen bestimmt ihr Verhalten auch gegenüber ihrem Kollegen, der sich für sie zu interessieren scheint. Oder will er sie nur im Auftrag der Stasi aushören?
So kühl wie Nina Hoss diese Ärztin spielt, inszeniert Christian Petzold. Wie gewohnt verzichtet er auf Action, erzeugt aber durch ebenso knappe wie präzise Dialoge, durch die reduzierte, aber stimmige Einbettung ins Milieu und die gewohnt ökonomische Inszenierung, in der jede Szene, jeder Satz und jeder Blick seine Funktion haben, die geisterhaft-gespenstische Stimmung eines Landes, in dem niemand sicher ist, sondern jeder jedem misstrauen muss.
Nicht nur inhaltlich, sondern auch formal wird dabei das Thema der Überwachung schon in der ersten Einstellung eingeführt und zieht sich konsequent durch den Film. Trotz der historischen Komponente ist „Barbara“ aber ein universeller und zeitloser Film, der um Freiheit und Verantwortung kreist - und um die Frage, was wichtiger ist.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa 19.5., 22 Uhr
FKC Dornbirn im Cinema 2000: Mi 23.5., 21.30 Uhr; Do 24.5., 19.30 Uhr


Monsieur Lazhar:
Eine Lehrerin hat sich in einem Klassenzimmer aufgehängt. Zurück bleibt nicht nur eine geschockte Klasse, die dringend betreut werden muss, sondern auch ein personelles Loch. Ersatz ist auf offiziellem Weg nicht so schnell zu bekommen, da meldet sich der aus Algerien stammende Monsieur Lazhar und bietet seine Dienste an. In der Not nimmt die Direktorin das Angebot an. Zunächst kommt der Migrant mit seinen altmodischen Methoden mit den Kindern nicht zurecht, doch langsam schließen sie sich gegenseitig ins Herz. Während alle anderen den Selbstmord der Lehrerin totzuschweigen versuchen, thematisiert Monsieur Lazhar den Verlust und die Trauer und lässt dabei auch in sein schweres Schicksal blicken.
Einen kleinen und leisen Film hat der Quebecer Philippe Falardeau gedreht. Er beschränkt sich in seiner Verfilmung eines Theaterstücks von Evelyne de la Chenelière weitgehend auf das Geschehen im Klassenzimmer, bauscht die Emotionen aber nicht auf, sondern bleibt zurückhaltend. Vertrauen kann er dabei auf wunderbar natürlich agierende Kinder und den algerischen Komiker und Schriftsteller Fellag in der Rolle des Monsieur Lazhar.
Wie Lazhar in seinem menschenfreundlichen Umgang die SchülerInnen aus ihrer Traumatisierung herausführt, so strahlt auch der Film in seiner Sanftheit, dem leisen Humor und dem mitfühlenden Blick auf die Menschen große Ruhe und Leichtigkeit aus. Vorsichtig balanciert „Monsieur Lazhar“ auf dem schmalen Grat zwischen echten Gefühlen und Sentimentalität, ohne je abzustürzen, wirkt allerdings in seinem Gutmenschentum und im Fehlen von Ecken und Kanten auch mehr wie ein Wunschtraum als der Realität abgeschaut.
Club Vaudeville, Lindau: Di 22.5., 20.30 Uhr
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 6.6., 20 Uhr; Fr 8.6., 22 Uhr