Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Gunnar Landsgesell · 31. Okt 2013 · Film

Inside Wikileaks

Inside Wikileaks (The Fifth Estate) verabsäumt es, das globale politische Getriebe näher zu beleuchten. Regisseur Bill Condon verheddert sich in digitalen Informationsströmen, auf deren Darstellung vor allem graphisch und weniger inhaltlich Wert gelegt wurde.

Rein graphisch betrachtet ist der Versuch, von Komplexitäten dieser Welt zu erzählen, nicht zu übersehen: Datenmengen rauschen giftgrün über Bildflächen, neonfarbene Linien überziehen den Globus. Die Welt ist hoffnungslos vernetzt, ihre Abläufe sind rasend schnell geworden, während sich Zeit und Raum mühedlos überwinden lassen. Das ist zumindest der Ansatz, dem Regisseur Bill Condon sämtliche Energien widmet: Ein Film, der in seiner Machart ganz nach außen gewandt ist, der die Verdichtung des Geschehens geradezu selbstverliebt betreibt und seine Schauwerte in schnellen Schnitten ausstellt. Der Protagonist Julian Assange ist gewissermaßen Teil dieses Repertoires. Auch er ein gewiefter Narziss, der sich für Recherche zu schade ist und seinen zukünftigen Whistleblowers lieber eine „Maske“ zur Verfügung stellt, um sie unerkannt sprechen zu lassen, als selbst soziale Kontakte herzustellen. Dieser digitale Sturm fühlt sich zu Beginn noch einigermaßen dynamisch an, reisst aber zunehmend ein Loch in diese Geschichte. Assange, mit kühler Blasiertheit dargestellt von Benedict Cumberbatch, hat dem Geschehen eigentlich nicht viel zu geben ausser seine Präsenz selbst. Während man der Frage, welcher Mensch sich hinter dieser wassserstoffblonden Kunstfigur nun eigentlich verbirgt, nicht näher kommt, werden zudem auch die versprochenen Einblicke in das globale politische Getriebe nicht eingelöst.

Nicht geleakt

Zwar gesellen sich Daniel Domscheit-Berg (Daniel Brühl) als einziger Mitarbeiter Assanges dazu, so wie einige Zeitungsmacher zwischen Deutschland und den USA. Die Figuren, die aber für tatsächliche Fakten, für die „Leaks“ im System sorgen, Leute wie Manning und Snowden, fehlen im Betrieb. Damit gerät das Geschehen zu einer Art Freak-Show, in der der wichtigste Mann seine Macht genießt und Politaktivismus als Abenteuer für große Buben und Nerds verkauft. Funkige Kompositionen in Bild und Ton legitimieren ihn dabei. Ein Film, der sich so leichthändig zwischen Todesschwadronen in Afrika, wo Assange kurz mal vorbeischaut, und linken Kunstprojekten bewegt, scheint aber die realen Auswirkungen eines Projekts wie Wikileaks nicht wirklich erfasst zu haben. Daran ändert auch die schießlich aufgeworfene Frage nichts, die zur Trennung von Assange und seinem einzigen Mitarbeiter Daniel führt: Steht das Credo unzensuriert veröffentlichter Informationen über der moralischen Verpflichtung, Namen von Leuten zu schwärzen, die dadurch gefährdet werden? Mit dieser simplen Gleichung findet der Film auch sein unbefriedigendes Ende. Wikileaks wurde nicht geleakt.