Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Gunnar Landsgesell · 19. Apr 2012 · Film

In the Land of Blood and Honey

Eine Liebesgeschichte zwischen einem Serben und einer Bosnierin wird in Angelina Jolies Kriegs-Drama zur Allegorie auf einen mörderischen Krieg. Ein ambitionierter Film, dessen Emotion der Analyse des Geschehens aber im Weg steht.

Angelina Jolies Regiedebüt ist aus der Emotion geboren. Der Bosnienkrieg, in der Tat kein einfacher Stoff, wird zum Schauplatz von Massenvergewaltigungen und sadistischen Tötungen. Wo Opfer sind, muss es aber auch Täter geben. Bei Jolie sind die Parts klarer verteilt, als die Wirklichkeit es zulässt. Jolies Dramaturgie orientiert sich vor allem entlang der Sprach- und Religionsgrenzen. Den Bosniern wird die Opferrolle, den Serben die der Täter zuteil. Eine Welt wie diese, die schon alle Antworten parat hält, läuft aber leicht Gefahr, in Schablonen zu erstarren. So passiert es auch in „The Land of Milk and Honey“. Was sich hier an düsteren und um „authentische“ Bilder bemühten Kriegsgeschehen abspielt, mag für den Inszenierungswillen eines Stars, der aus dem Hollywood-System stammt, durchaus bemerkenswert sein. Versuche, zu erfassen, was diesen Krieg angetrieben hat, bleiben aber auf der Strecke. Was wir zu sehen bekommen, sind vor allem die Überschreitungen dieses Krieges: „Ethnische“ Säuberungen, in Lagern zusammengetrieben Frauen, Mordlust in den Augen. Allein, die Emotion schärft den Blick nicht wirklich.

Empörung - ein schlechter Berater

Ambivalenter wird das Geschehen in den beiden Hauptfiguren, die sich Jolie als Handlungsträger einer unmöglichen Liebe ausgedacht hat. Und, in der Tat, Zana Marjanovic in der Rolle der Bosnierin Ajla und Goran Kostic als serbischer Soldat Danijel, tragen schwer an dieser Aufgabe. Da es neben ihnen außer Abziehbildern keine weiteren ernstzunehmenden Charaktere gibt, müssen Ajla und Danijel selbst sehr exemplarisch vorführen, was es in diesem Krieg hieß, Bosnierin und Serbe zu sein. Diese Repräsentanz des Nationalen wird aber gebrochen durch ein Liebesverhältnis, das letztlich abgründiger wirkt als der Krieg selbst. In diesem Punkt sorgt „In the Land of Blood and Honey“ tatsächlich für Irritationen. Sollte das Paar, das durch die Fronten getrennt wurde und sich nun in diesem Frauenlager wieder als Opfer und Täter begegnet, tatsächlich ein echtes Gefühl verbinden? Danijels schützende Haltung wird immer wieder von Drohgebärden konterkariert, während Ajla in diesen Szenen selbst recht indifferent wirkt. Geht es hier noch um die Frage, wie weit der Einzelne helfen konnte, ohne seine eigene Sicherheit zu gefährden, oder bereits um seltsame Spiele der Macht, in einer Situation von Demütigungen und dem totalen Zugriff auf das Leben anderer? Der Ausgang dieser Beziehung lässt immerhin eine Vermtung zu. Insgesamt ist „In the Land of Blood and Honey“ von Jolies Bemühen geprägt, Bilder für einen Krieg zu finden, dessen "erweiterte Kriegsmethoden" wie systematische Massenvergewaltigungen sich der menschlichen Ratio entziehen. Es scheint, als wäre die Distanzlosigkeit der UNHCR-Sonderbotschafterin aber der Grund, warum dieses Projekt seinen Ambitionen nur in geringem Maß zu entsprechen vermag. Auch wenn die Empörung jeder Zuseher teilt – ein guter Berater, um präzise Bilder für deren Ursache zu finden, ist sie offensichtlich nicht.