Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 09. Sep 2012 · Film

Heiter bis wolkig

Nur Spaß suchen die Freunde Tim und Can, doch dann lernt Tim Marie und ihre todkranke Schwester kennen. Die Handlung ist ziemlich vorhersehbar, die Inszenierung konventionell, doch die drei starken HauptdarstellerInnen Max Riemelt, Anna Fischer und Jessica Schwarz helfen Marco Petrys gekonnt zwischen Witz und Ernst wechselnder Tragikomödie über solche Schwächen hinweg.

Hauptinteresse der Kantinenköche Tim (Max Riemelt) und Can (Elyas M´Barek) ist es Frauen aufzureißen. Ihre erfolgversprechende Masche ist es, dem ins Auge gefassten Objekt der Begierde vorzugaukeln, dass der Freund todkrank sei, nur noch wenige Monate zu leben habe und gerne noch einmal mit einer Frau schlafen würde. Auch die Logopädin Marie (Anna Fischer) fällt auf diese Mitleidsmasche herein, doch zur gemeinsamen Nacht mit Tim kommt es nicht, liegt doch Maries tatsächlich todkranke Schwester Edda (Jessica Schwarz) im Nebenzimmer.

Flüssige, aber wenig stringente Erzählweise

Für Tim ist der Fall rasch erledigt, die Handynummer wird entsorgt. Doch Marie meldet sich bald wieder, sodass er die Schwestern doch wieder besucht. Edda spannt ihn in Umkehrung des ursprünglichen Spiels bald bei der Verwirklichung ihrer letzten Ziele ein, rechnet mit Ex-Chefin und Ex-Freund ab, und motiviert und bestärkt andererseits Tim seinen Lebenstraum vom eigenen Restaurant zu verwirklichen. Obwohl ihr bald klar ist, dass Tim kerngesund ist, verrät sie ihn nicht, doch früher oder später muss auch Marie die Täuschung bewusst werden...
Die Handlung ist recht vorhersehbar und die Erzählweise zwar flüssig, aber wenig stringent. Statt konsequent die Geschichte zu entwickeln wirkt die Abfolge der Szenen teils beliebig. Abgehakt werden Situationen, ohne dass diese dann im weiteren Handlungsverlauf eine Rolle spielen würden. Aufgesetzt wirkt auch das Motiv der Verwirklichung des Lebenstraums, wird mal angeschnitten, dann wieder beiseite gelassen und taucht erst am Ende wieder auf.

Stimmige Szenen, starke SchauspielerInnen

Durchaus stimmig ist Marco Petrys Tragikomödie aber in den einzelnen Szenen. Geschickt hält er die Balance zwischen witzigen und dramatischen Momenten, geht leichthändig, aber nie leichtfertig oder peinlich mit dem ernsten Thema um, regt zum Lachen ebenso wie zum Weinen an.
Trendig wirkt die Wahl von Köchen als Protagonisten, gekocht und gegessen wird dann auch  immer wieder ausgiebig. Das stärkste Kapital von Petry sind aber seine HauptdarstellerInnen. Während Elyas M´Barek als Can das Klischee des nur an schnellen Sex denkenden, noch nicht wirklich erwachsenen Aufreißers bedient, vermittelt Max Riemelt einfühlsam und überzeugend Tims Wandlung vom leichtlebigen Filou zum mitfühlenden und verantwortungsvollen Freund.
Anna Fischer macht das Beste aus der undankbaren Rolle der süßen und gutherzigen Marie, die von ihrer todkranken Schwester Edda, die die Triebfeder und das Herz des Films ist, an den Rand gedrängt wird. Großartig ist Jessica Schwarz in dieser Rolle, pendelt zwischen erschütternder Todesangst und nach außen – vor allem gegenüber ihrer Schwester – zur Schau gestellter Unbekümmertheit, zwischen Lebensgier und Resignation, zwischen Niedergeschlagenheit und verzweifeltem Aufbäumen. Wie es Petry dabei gelingt, den Zuschauer trotz des vorherzusehenden tragischen Endes zwar vielleicht etwas melancholisch, aber letztlich doch gut gelaunt aus dem Kino zu entlassen, gehört zu den nicht zu unterschätzenden Stärken dieser ebenso witzigen wie ergreifenden Tragikomödie.