Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 22. Nov 2010 · Film

Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 1

In der Verfilmung des siebten und letzten „Harry-Potter“-Romans von Joanne K. Rowling kommt es zum großen Endkampf zwischen den von Lord Voldemort angeführten Mächten des Bösen und dem inzwischen an der Schwelle zum Erwachsenenalter stehenden Zauberschüler, der von seinen Freunden unterstützt wird. – Aufs große Finale muss man dabei aber bis Juli 2011 warten, denn der knapp 800seitige Bestseller wurde auf zwei Filme aufgeteilt.

Ob man von einem Film gepackt wird oder ob man sich langweilt, hängt immer davon ab, wie sehr man in die Welt des jeweiligen Films eintaucht. Angst und Spannung oder Mitgefühl stellen sich nur ein, wenn einem das Geschehen auf der Leinwand – mag es bei nüchterner Betrachtung noch so unlogisch sein – für die Dauer des Films plausibel und glaubwürdig erscheint. Schwer tut man – oder zumindest der Rezensent – sich da bei „Harry Potter“,  werden doch hier in einem realistischen Ambiente mit Zauberstäben und lateinischen Sprüchen Feinde bekämpft. Irgendwie erinnern die Auseinandersetzungen ja an Mantel- und Degenfilme, doch ungleich mehr Gefallen fand man an diesen eleganten, im Idealfall ballettartigen Duellen als an diesem faulen Hokuspokus.

Düstere Endzeitstimmung

Stark ist aber auf jeden Fall der Auftakt, wenn Lord Voldemort in einer Konferenz der Bösen einen neuen Plan zur Beseitigung Harry Potters schmiedet. So düster wie diese Szene ist der ganze in Grau- und Blautöne getauchte Film. Großartige Arbeit haben Kameramann Eduardo Serra und der Production Designer Stuart Craig hier geleistet. Keine Kindergeschichte wird erzählt, sondern entsprechend der herangewachsenen Helden eine ziemlich erwachsene Angelegenheit. Nicht nur äußere Feinde drohen hier, auch Eifersucht untereinander droht die Freundschaft von Harry, Hermine und Ron zu zerstören.
Kenntnis der Vorgeschichte setzt Regisseur David Yates zwar voraus, verzichtet auf lange Erklärungen, dennoch kann man der Handlung auch ohne Vorwissen über die Zauberwelt von Hogwarts, die Bedeutung des verstorbenen Dumbledore, die Eule Hedwig oder den Elf Dobby folgen.
Wie es auf der Seite der Bösen mit dem düsteren Treffen beginnt, so setzt auf Potters Seite der Film mit einer spektakulären Flucht zu Land und durch die Luft ein. Effektvoll und rasant ist diese Szene, reißt mit, doch die sich daran anschließende Suche nach den Horcruxen, die vernichtet werden müssen, zieht sich in die Länge.

Kaltes Industrieprodukt ohne Magie

Statt die Handlung voranzutreiben, schwelgt  Regisseur David Yates in grandiosen Aufnahmen von endlos weiten, menschenleeren Landschaften, mit denen er allzu ausladend eine düstere Endzeitstimmung beschwört. Und auch die intimeren Szenen, die er zwischen die eher raren Actionmomente setzt überzeugen nicht. Da zeigt sich nämlich, dass Daniel Radcliffe und Emma Watson den Film nicht tragen können. Zu blass bleiben sie, entwickeln zu wenig Konturen und Leinwandpräsenz, als dass man ihnen wirklich gebannt folgen würde.
Den Aufwand, der für diese Zaubergeschichte getrieben wurde, sieht man in praktisch jeder Einstellung, Kinomagie mag aber dennoch nicht aufkommen. Ein großartiger Anblick ist zwar ein einsam in der weiten Landschaft stehendes Haus, originell sind die Gesichter in Zeitungen, die zu leben beginnen, aber immer bleibt dabei spürbar, dass dies ein kühl kalkuliertes, am Reißbrett entworfenes  Industrieprodukt ist, dem letztlich die Wärme und das Herz - und damit das Leben - fehlen.
Bezeichnend ist folglich auch, dass nicht eine Szene der Haupthandlung, sondern die eingeflochtene Erzählung eines Märchens für den schönsten und einzig wirklich magischen Moment sorgt. Wie die Geschichte von den drei Brüdern im Schattenspiel erzählt wird, vermag wirklich zu verzaubern. Eindrücklicher als alle Zaubertricks der Protagonisten und die zweifellos effektvollen Filmtricks der Macher ist diese Szene.