Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 27. Jun 2019 · Film

Ein Becken voller Männer

Desillusionierte und arbeitslose französische Männer schöpfen neue Kraft im durchaus weiblich geprägten Synchronschwimmsport. Ein Feel-Good-Movie mit gesellschaftlichem Anspruch; eine soziale Komödie, berechenbar, sympathisch.

Da sind sie wieder, die sympathischen Underdogs, denen das Kino mit schöner Regelmäßigkeit zu unverhofften Perspektiven verhilft. In „Ein Becken voller Männer“ (Original: „Le grand bain“) ist es eine Gruppe französischer mittelalter Burschen, die sich aus unterschiedlichen Gründen vom Leben nicht mehr viel erwarten. Oder sich nichts zutrauen. Bertrand (Mathieu Amalric) ist seit Jahren auf Antidepressiva, Marcus (Benoit Poelvoorde) musste mit seiner Firma Konkurs anmelden und auch Simon, Laurent und Thierry und die anderen Männer stecken in einer Sinnkrise. Zu Beginn reicht Regisseur Gilles Lellouche dem Familienvater Bertrand die Hand: Als dieser die Möglichkeit hat, an einem eher ungewöhnlichen Projekt von männlichen Synchronschwimmern teilzunehmen, lässt er sich diese nicht entgehen. Was folgt ist eine soziale Komödie, die das komödiantische Potenzial einer Normalo-Truppe mit sportlichem Anspruch herauskitzelt, verbunden mit durchwegs üblicher Situationskomik. Leila Bekhti als strenge Trainerin, die von ihrem Rollstuhl aus die Männer zur Leistung antreibt, teilt dafür schon mal Klapse aus. Es geht zum Lauftraining über steinige Böden und im Schwimmbecken unter die Wasseroberfläche. „Ein Becken voller Männer“ ist aber kein Sportfilm, sondern bedacht auf die Spannung zwischen Vereinzelung und Verbund, in dem etwas Neues entstehen soll.

„Full Monty“ lässt grüßen

Gut dass Lellouche nicht bei seiner ursprünglichen Idee blieb, eine Gruppe verzweifelter Männer eine Bank ausrauben zu lassen. Das hatten wir schon. Jemand machte den Regisseur, der bislang Musikvideos und Werbespots drehte, auf den britischen Dokumentarfilm „Men Who Swim“ aufmerksam, von dem sich Lellouche inspirieren ließ. Das französische Flair verband er mit einem sozialen Sinn für die Lage des Landes, das jüngst durch die Proteste der Gelbwesten eine neue Sichtbarkeit erhielt. So versteht Lellouche auch seine Komödie, die sich trotz allem als Feel-Good-Film verstehen lässt. Ein Film, der im Arbeitermilieu angesiedelt ist, und zwischen den Sportstücken auch so etwas wie die Krise des Mannes bzw. der Männlichkeit zum Thema macht (und dabei ein wenig an die autobiographischen Bücher des gefeierten Soziologen Didier Eribon erinnert). Von geplatzten Träumen und pubertär eingefrorenen Vorbildern geht es hier schwupps zu einer neuen Realität. Am Ende wird das Gefühl des Verlierertums freilich in einer großen stimmungsvollen Choreographie aufgehoben. Filme wie dieser enden selten anders, das alles ist berechenbar, aber das ist immerhin auch keine Überraschung. Lellouches Film wirkt wie eine Blaupause von „Full Monty“, für den das Strippen auf der Bühne mit der Wasserakrobatik im Becken und britische Ironie quasi mit französischem Charme ausgetauscht wurde. Lellouche, er selbst arbeitet auch als Schauspieler, bekannt u.a. aus der Verfilmung von Jacque Mesrines Lebensbericht „Public Enemy No. 1“ (2008), wo er an der Seite von Vincent Cassel und Gérard Depardieu spielte, beweist dabei durchaus ein Gefühl für seinen Cast. Das Ensemble harmoniert und flutscht geschmeidig durch die Szenen. Mit Jon Brion, der für „Magnolia“, „Punch-Drunk Love“ oder zuletzt etwa für „Lady Bird“ den Score geliefert hat, konnte ein Mann mit Handschrift gewonnen werden. Die Musik ist auch von Achtziger-Jahre-Songs geprägt, eine geschickte Referenz an eine vitale Jugendzeit der Figuren.