Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 08. Apr 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (9.4. - 15.4. 2021)

Der FKC Dornbirn zeigt diese Woche mit "Le jeune Ahmed" den letzten Film der Dardenne-Brüder, in dessen Zentrum ein junger französischer Islamist steht. Beim TaSKino Feldkirch steht dagegen mit der Peter Stamm-Verfilmung "Was wir wollten" Österreichs heurige Einreichung für den Auslands-Oscar auf dem Programm.

Was wir wollten: Nach Peter Stamms Erzählung erzählt Ulrike Kofler in ihrem Langfilmdebüt von einem Paar, das, da der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, bei einem Urlaub auf Sardinien Klarheit über die gemeinsame Zukunft gewinnen will.
Kofler, die bisher vor allem als Cutterin der Filme von Marie Kreutzer arbeitete, dramatisiert nicht, sondern beschränkt sich aufs ruhige Beobachten. In langen und sorgfältig kadrierten Einstellungen lässt sie den SchauspielerInnen immer wieder viel Raum, ihren Figuren und deren Verfassung Profil zu verleihen.
Auch beim Musikeinsatz hält sich Kofler wohltuend zurück. Sie baut zwar gut ein halbes Dutzend sanfte Popsongs, vor allem der Amerikanerin Cat Power, ein, die fragmentierten stimmungsvollen Erinnerungsbildern an ein früheres Glück unterlegt sind, aber bei der eigentlichen Handlung wird auf Musik weitgehend verzichtet. Emotionen werden nicht aufgebauscht, sondern realistisch wirken die Szenen durch die sanfte und leise Erzählweise. Vertrauen kann Kofler dabei auf Lavinia Wilson und Elyas M`Barek, die eindrücklich die Schwierigkeiten und Spannungen dieses Paares vermitteln.
So sehr man die zurückhaltende Inszenierung, die mehr auf Stimmungen als auf Handlung setzt, aber auch schätzen mag, mit ihr geht doch auch das Problem einher, dass dieses Beziehungsdrama, das Österreich für den heurigen Auslands-Oscar einreichte, die Intensität nicht über 100 Minuten aufrecht halten kann. Fad wird es zwar nicht, aber echte Durchschlagskraft entwickelt dieses Debüt, das auch jede Überraschung und jeden filmischen Wagemut vermissen lässt, eben auch nicht.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: So 11.4., 18 Uhr

Le jeune Ahmed: Hautnah folgen Jean-Pierre und Luc Dardenne einem 13-jährigen Islamisten durch seinen Alltag. Ein hektischer Schnitt vermittelt auch sofort die Gedrängtheit und Getriebenheit des Protagonisten und überträgt dessen Anspannung direkt auf den Zuschauer.
Der Lehrerin gibt er die Hand nicht mehr, weil ein gläubiger Moslem seiner Meinung nach keiner Frau, die einen Juden zum Freund hat, die Hand geben darf. Die Mutter kritisiert er heftig, weil sie hin und wieder ein Glas Wein trinkt. Sie möchte ihn von seiner verbohrten Haltung ebenso abbringen wie seine Schwester, die er wegen ihrer Kleidung als "Schlampe" beschimpft.
Wie an einem Felsblock prallen alle Bemühungen aber ab, der Einfluss des Imam scheint durch nichts zu brechen. Die Lehrerin ist den überzeugten Islamisten ein Dorn im Auge, weil sie den Schülern Arabisch über moderne Lieder statt durch den Koran beibringen will. Mit Gewalt glaubt Ahmed deshalb ihr Einhalt bieten zu müssen und greift sie mit einem Messer an...
Bei aller Gedrängtheit, bei aller formalen Konsequenz packt dieser Film aber doch nicht so wie andere Filme der Dardennes, beispielsweise „Le gamin au velo“. Das mag daran liegen, dass Ahmed letztlich zu wenig fassbar bleibt, zu wenig Hintergrund hat, aber auch daran, dass man nicht wirklich Empathie für ihn entwickeln kann. Man spürt und weiß zwar, dass dieser Jugendliche im Kern ein fehlgeleitetes Opfer ist, doch mehr ist er noch ein Täter, um dessen potentielle Opfer man in erster Linie fürchtet. – Schlecht eignet sich so ein Charakter als Hauptfigur, bleibt man als Zuschauer doch immer auf Distanz, will und kann sich mit ihm nicht identifizieren.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 14.4. + Do 15.4. – jeweils 17.30 Uhr

 

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