"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Walter Gasperi · 05. Jun 2011 · Film

Aktuell in den Filmclubs (6.6. - 12.6. 2011)

Während im TaSKino Feldkirch mit „I am Love“ ein grandioses Melodram über eine Mailänder Industriellenfamilie auf dem Programm steht, zeigt der Lindauer Club Vaudeville mit Richard Linklaters „Before Sunrise“ einen kleinen, aber beglückenden Liebesfilm, der längst zu den Klassikern des Genres zählt.

I am Love: Gefühle sind nicht gefragt im Leben der Mailänder Industriellenfamilie Recchi. Erstarrt scheint jedes Leben in gesellschaftlichen Regeln, Konventionen und den Gedanken ans Geschäft. Wie in einem goldenen Käfig lebt hier die von Tilda Swinton gespielte Emma, die das Familienoberhaupt vor Jahrzehnten wie ein Kunstobjekt von einer Reise nach Russland nach Italien brachte. Doch dann lernt Emma den Koch Antonio kennen und spürt bald, dass es im Leben noch mehr als materielle Werte und gesellschaftlichen Status gibt. Sie lässt ihren Gefühlen freien Lauf und riskiert damit den Ausschluss aus der Familie.
Im Stile der großen, opernhaft überhöhten Filme eines Luchino Visconti hat Luca Guadagnino dieses Melodram vom Niedergang einer Industriellenfamilie inszeniert, doch auch an Thomas Manns „Buddenbrooks“ kann man dabei denken. Nur die Frauen wagen hier einen Ausbruch aus ihren Rollen, die Mutter und die Tochter, die Männer machen dagegen eiskalt Geschäfte, denken nur an die Vermehrung des Vermögens und haben kein Verständnis für die weiblichen Gefühle.
Wie Mann und Frau hier gegenübergestellt werden, so stehen auch die kalten Bürogebäude in Mailand und London den sinnlichen Genüssen guter Speisen, der Natur und der Liebe gegenüber. Und die glanzvollen Bilder von Kameramann Yorick Le Saux werden untermalt von der großartigen Musik des amerikanischen Opernkomponisten John Adams.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Mo, 13.6. 19.30; Di, 14.6. 21.30; Mi 15.6., 19.30 Uhr; Do 16.6., 21.30 Uhr


Before Sunrise: Mit „Before Sunrise“ gelang dem Amerikaner Richard Linklater 1994 ein wunderbar leichter romantischer Liebesfilm, der gleichzeitig eine große Liebeserklärung an Wien ist.
Auf einer Zugfahrt von Budapest nach Wien lernen sich die junge Französin Celine (Julie Delpy) und der Amerikaner Jesse (Ethan Hawke) kennen und sind sich sofort sympathisch. Deshalb steigt auch Celine auf Jesses Aufforderung in Wien aus und verbringt den Nachmittag und die Nacht mit ihm. Während sie durch die Straßen schlendern, vorbei an Heldenplatz und Staatsoper spazieren, mit der Straßenbahn fahren und den Friedhof der Namlosen besuchen, sich im Prater vergnügen und vom Riesenrad aus auf die Stadt blicken, den Stephansdom besichtigen oder mit einer Flasche Wein in einem Park die Nacht verbringen diskutieren sie über Liebe und Sex, sprechen über ihre Träume, aber auch über ihre Eltern und Großeltern.
Wie improvisiert wirken die brillanten Dialogen, wunderbar aufeinander eingespielt sind die beiden Hauptdarsteller. Nichts Großes muss hier passieren und dennoch ist es das pure Glück diesem Paar zuzuschauen, denn hier wirkt nichts gestellt, konstruiert und verlogen, sondern alles echt und natürlich. Ob Celine und Jesse freilich in dieser Nacht miteinander geschlafen haben, bleibt offen und erst aus dem zehn Jahr später in Paris gedrehten und um nichts weniger beglückenden Nachfolgefilm „Before Sunset“ wird man erfahren, ob sie sich wie vereinbart ein halbes Jahr nach dieser ersten Begegnung am Wiener Westbahnhof  wieder getroffen haben.
Club Vaudeville, Lindau: Di 7.6., 19.30 Uhr