"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Walter Gasperi · 04. Aug 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (5.8. - 11.8. 2016)

Diese Woche startet das Filmfest Vaduz, das im August jeweils von Mittwoch bis Samstag auf dem Peter-Kaiser-Platz, unter freiem Himmel neben Vorpremieren und Filmen, die hierzulande nie in die Kinos kamen, auch Klassiker zeigt.

The Usual Suspects: Vom Film noir ist Bryan Singers 1995 gedrehter Thriller ebenso geprägt wie von Orson Welles´ „Citizen Kane“. In seiner Direktheit verwirrend ist der Einstieg: Ein Schiffsdeck bei Nacht, ein Mord wird verübt, Leichen sind erkennbar, Benzin wird verschüttet - alles geht in Flammen auf. - Am nächsten Tag wird der überlebende Verbal Kint (Kevin Spacey) aufgegriffen und vernommen.
Bruchstückhaft gibt er die Vorgeschichte preis, bis zum Ende bleibt er der unscheinbare, körperlich behinderte Kleingangster und - nicht umsonst heißt er "Verbal" - der Erzähler.
In verschachtelten Rückblenden, die von Verbals Voice-over-Kommentar - auch das ein typisches Merkmal des Film noir - unterstützt werden, scheint die wahre Vorgeschichte erzählt zu werden. Vergleichbar der Suche nach der Bedeutung von Kanes letztem Wort „Rosebud“ in Welles` Klassiker scheint hier immer dringlicher die Frage, wer sich hinter dem nie sichtbaren Gangsterboss Keyser Soze verbirgt, ins Zentrum zu treten. Doch am Ende werden die Ausführungen Verbals unter neuem Licht betrachtet werden müssen, denn niemandem und nichts ist in diesem brillant konstruierten actionreichen Thriller zu trauen.
Filmfest Vaduz, Open-Air auf dem Peter-Kaiser-Platz, Vaduz: Sa 6.8., 22.30 Uhr

Girlhood: Nach "Water Lilies" und "Tomboy" widmet sich die Französin Céline Sciamma auch in ihrem dritten Spielfilm der Lebenswelt und den Gefühlen eines Teenagers, blickt dabei dieses Mal aber auf die afrofranzösische Community.
Im Mittelpunkt steht die 16-jährige Mariéme, die in einer heruntergekommenen Vorstadtsiedlung von Paris wohnt. Zuhause steht sie unter der Fuchtel ihres älteren Bruders, die alleinerziehende Mutter ist meist abwesend, die Schulleistungen lassen keinen Besuch einer höheren Schule zu.
Stark und lebensfroh ist sie nur in der Gemeinschaft mit Freundinnen. Prägnant auf den Punkt bringt ihre Situation die Eröffnungssequenz, in der sie in einem Mädchenteam American Football spielt. Beginnt der Heimweg des Teams noch fröhlich, so wird die Stimmung zunehmend bedrückender, je mehr sich die Wege der Spielerinnen trennen und Mariéme schließlich allein unterwegs ist und sich von herumlungernden Jungs anquatschen lassen muss.
Die American-Football-Szene steht aber auch für ihre Kampfbereitschaft und ihren unbedingten Willen aus ihrer Situation auszubrechen. Zumindest vorübergehend gelingt ihr das, als sie in die Bande der toughen "Lady" und ihrer zwei Freundinnen aufgenommen wird. Man probiert in einem Hotelzimmer gemeinsam geklaute Klamotten, schminkt sich, tanzt ausgelassen zu Rihannas "Diamonds", liefert sich aber auch Kämpfe mit einer anderen Mädchenbande.
Das ist für einmal glücklicherweise keine Sozialreportage, sondern präzise im Milieu der von Beton bestimmten Banlieue verankertes und wunderbar natürlich und mit großem Körpereinsatz vom jugendlichen Ensemble gespieltes pulsierendes Kino. Keine Erklärungen werden hier geboten, sondern mit treibender und durch Schwarzblenden strukturierter Erzählweise taucht man in coolen, von Blautönen dominierten Cinemascope-Bildern und mit mitreißender Musik in die Lebenswelt der 16-jährigen Protagonistin ein und erlebt hautnah die Begrenzungen durch das Umfeld, aber auch die Träume von einem Ausbruch aus dieser Beengung.
Filmfest Vaduz, Open-Air auf dem Peter-Kaiser-Platz, Vaduz: Do 11.8., 21 Uhr