Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Walter Gasperi · 02. Okt 2011 · Film

Aktuell in den Filmclubs (3.10. - 9.10. 2011)

Mit „Joschka und Herr Fischer“ und „Eine von 8“ laufen diese Woche zwei biographische Dokumentarfilme im TaSKino Feldkirch und im Alten Kino Rankweil. Während Pepe Danquardt mit umfangreichem und sorgfältig eingearbeitetem Archivmaterial das Leben Joschka Fischers nacherzählt, porträtiert Sabine Derflinger zwei Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind.

Joschka und Herr Fischer: Vom 68er-Aktivisten zum Außenminister und schließlich zum Lobbyisten für Konzerne spannt sich der Bogen von Joschka Fischers Biographie. Den letzten Abschnitt spart Pepe Danquardt wohlweislich in seinem Dokumentarfilm aus. Kritische Annäherung an eine schillernde Figur darf man sich hier nicht erwarten. Keine bohrenden Fragen werden gestellt, sondern der filmische Raum wird ganz dem Porträtierten überlassen, der in einem Kellergewölbe mit zahlreichen Glasbildwänden, über die Archivmaterial zur deutschen Nachkriegsgeschichte eingespielt wird, über seinen Lebensweg erzählt. Mindestens im gleichen Maße wie über Fischers Leben ist Danquardts Doku aber auch ein aber auch ein Film über die deutsche Geschichte, über den Wandel in der Sicht des Nationalsozialismus von der Verdrängung zur Auseinandersetzung, über den Jugendprotest und dessen Radikalisierung im RAF-Terrorismus, über die Entwicklung der Grünen aus der Antiatomkraft- und Friedensbewegung zur regierungsfähigen Partei.
Mag „Joschka und Herr Fischer“ auf der biographischen Ebene auch viel zu glatt und unkritisch sein, die zeitgeschichtliche Ebene und die geschmeidige Erzählweise mit genau getimtem Mix aus und fließendem Übergang zwischen Ausführungen des blendenden Erzählers Joschka Fischer und Archivmaterial machen diesen Film doch spannend und sehr informativ, lässt er doch ein halbes Jahrhundert deutscher (und teilweise auch Welt-) Geschichte aus der Perspektive eines Zeitzeugen nochmals hautnah nacherleben.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Mi 5.10., 19.30 Uhr; Do 6.10., 21.30 Uhr


Eine von 8: Wie jede achte österreichische Frau sind auch die Schauspielerin Frederike von Stechow und die Straßenbahnfahrerin Marijana Gavrič an Brustkrebs erkrankt. Über die Krankheit haben sie sich kennen gelernt, gemeinsam mit der Regisseurin Sabine Derflinger haben sie diesen Dokumentarfilm entwickelt. Wackelige Handkameraaufnahmen, in denen die Protagonistinnen ihre Wohnung, einen Gang zur Klinik, ein Grillfest oder eine Fahrt in den Urlaub filmen und so ihre persönlichen Empfindungen zum Ausdruck bringen, stehen ruhig gefilmten Gesprächen mit Ärzten, mit den Familienangehörigen oder Szenen von der Arbeit gegenüber.
Derflinger verzichtet auf jeden Kommentar, lässt die Frauen aber immer wieder direkt in die Kamera über die Entdeckung ihrer Krankheit, die Reaktion auf die Diagnose, aber auch über die Leidenschaft für ihren Beruf sprechen. Nicht die Krankengeschichte und der medizinische Aspekt stehen im Mittelpunkt von „Eine von 8“, sondern die Befindlichkeit der beiden Frauen, ihr Hoffen und Bangen, ihre Sehnsüchte und Ängste, ihre Unsicherheit und ihr Kampf. Hier wird nicht viel hinterfragt und reflektiert, es geht vielmehr darum einen Einblick in das alltägliche Leben mit der Krankheit zu bieten
Nah ist der bewegende Film an den Porträtierten, wirkt durch ihre Ehrlichkeit und Offenheit authentisch ohne je ins Voyeuristische oder Weinerliche abzugleiten. Der Ton bleibt nüchtern und trotz des schweren Themas strahlt „Eine von 8“ immer wieder Lebensfreude aus. Zu guten Bekannten werden einem so im Laufe des Films Frederike von Stechow und Marijana Gavrič und auch die letzten Bilder und die ersten Inserts des Nachspanns verbreiten positive Stimmung. Umso nachhaltiger fährt folglich der Schock ein, den eine letzte, erst nach Fertigstellung des Films eingefügte Schrifttafel auslöst.
Altes Kino Rankweil: So, 9.10., 20 Uhr