Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Walter Gasperi · 02. Aug 2018 · Film

Aktuell in den Filmclubs (3.8. - 9.8. 2018)

Das Filmforum Bregenz zeigt diese Woche Martin Šulíks tragikomisches Roadmovie „The Interpreter – Der Dolmetscher“. Beim Open-Air in Altstätten steht dagegen unter anderem Stephen Chboskys „Wunder“ auf dem Programm.

The Interpreter - Der Dolmetscher: Martin Šulík schickt in seinem tragikomischen Roadmovie Peter Simonischek als Sohn eines NS-Kriegsverbrechers und Jiří Menzel als Sohn eines jüdischen Opfers des NS-Regimes in der Slowakei auf eine Spurensuche nach den Narben der Vergangenheit.
Aus den vö
llig gegensätzlichen Charakteren entwickelt Šulík ein klassisches Buddie-Movie, das Simonischek und der tschechischen Regielegende eine große Bühne bietet. Mit sichtlichem Vergnügen, aber nie aufdringlich spielt der Burgtheater-Star den pensionierten Englisch- und Französischlehrer Graubner als Bonvivant, der das Leben zu genießen weiß, gutem Essen, Wein und Frauen nie abgeneigt ist. Menzels Dolmetscher dagegen ist ein Grantler, der nie lacht, verbiestert und stur wirkt und stets seine schwere Lebensgeschichte mit sich herumträgt.
Wie bei dieser Konstellation Konflikte vorgeplant sind, so ist freilich auch nach den Regeln solcher Kinogeschichten vorhersehbar, dass sich die ungleichen Protagonisten langsam näher kommen.
Mit den Stationen ihrer Reise kommt aber auch die NS-Zeit ins Spiel. Kurz wird hier in einem Dokumentationszentrum mit, schwarzweißem Archivmaterial an die Gräuel erinnert, aber in Gesprächen mit Überlebenden und Nachkommen der Nazizeit wird auch deutlich, dass die Slowakei, die zwischen 1939 und 1945 ein offiziell autonomer, aber doch vom Dritten Reich abhängiger autoritärer Staat war, keineswegs nur Opfer, sondern auch Täter war. An eine allzu gern verdrängte Vergangenheit erinnert Šulík, wenn langsam ans Licht kommt, dass nicht nur die Regierung, sondern auch einfache Bürger sich aus Besitzgier an der Deportation und Ermordung der jüdischen Mitbewohner und Nachbarn beteiligten.
Trotz der Thematisierung einer bitteren und grausamen Vergangenheit ist „Dolmetscher“ aber keine harte Abrechnung, sondern vielmehr ein melancholischer Film. Allzu exzessiv setzt Šulík zwar Musik ein, verzichtet aber weitgehend auf Dramatisierung und erzählt entspannt und unaufgeregt, allerdings auch etwas bieder.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Fr 3.8. + Sa 4.8. – jeweils 22 Uhr

 

Wunder: Stephen Chbosky erzählt in seiner Verfilmung von Raquel. J. Palacios 2012 erschienenem Bestseller vom kleinen Auggie Pullman, der aufgrund seiner körperlichen Deformation Freundschaften hart erkämpfen muss, mit seiner leisen Stärke aber schließlich die Herzen aller Mitschüler – und selbstverständlich auch der Zuschauer für sich gewinnt.
Nicht zu wenige Gutmenschen von den liebevollen Eltern über seine famose große Schwester Olivia, genannt Via, den Direktor und den Lehrer bis zu den sich wandelnden Mitschülern präsentiert Stephen Chobsky. Zu einer argen Kitschsuppe hätte das werden können, doch der Amerikaner, dem schon mit der Verfilmung seines eigenen Romans „The Perks of Being a Wallflower“ ein ebenso eigenwilliger wie starker Coming-of-Age-Film gelang, entgeht dieser Falle weitgehend durch Weitung des Blicks.
Er fokussiert nämlich nicht nur auf Auggie, sondern bietet in multiperspektivischer Erzählweise auch Einblick in das Leben und die Gefühle von Auggies älterer Schwester, deren Freundin und Auggies Mitschüler Jack Wills. Sie alle haben mit ihren Problemen zu kämpfen.
Beglückend wird „Wunder“ dabei dadurch, dass Chbosky nicht von oben herab auf seine jungen Protagonisten blickt, sondern ganz auf Augenhöhe mit ihnen ist, sich in ihre Probleme hervorragend einfühlt. Souverän die Balance zwischen Witz und Ernst wahrend zeigt er anschaulich und bewegend, wie Auggie im Laufe dieses ersten Schuljahrs, über das sich die Handlung spannt, die Herzen für sich gewinnt, aber auch schmerzliche Erfahrungen mit Mobbing machen muss.
Fraglos sentimental ist „Wunder“ zwar, wirkt dabei aber ehrlich und nicht verlogen, sodass man ihn auch aufgrund seiner einfühlsamen und runden Erzählweise, zu der auch der treffende Musikeinsatz mit zahlreichen klassischen Hits beiträgt, einfach mögen muss.
Film im Städtli – Open-Air-Kino Altstätten: Mo 6.8., 21.30 Uhr