Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 21. Apr 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (22.4. - 28.4. 2016)

Beim TaSKino Feldkirch steht diese Woche Hirokazu Kore-edas Meisterwerk "Umimachi Diary - Our Little Sister" auf dem Programm. In der Kammgarn Hard wird Umut Dags kraftvolles Sozialdrama "Risse im Beton" gezeigt.

Umimachi Diary: Die Familie ist das große Thema Hirokazu Kore-edas. Vier von ihrer Mutter verlassene Kinder standen im Mittelpunkt seines Meisterwerks „Nobody Knows“, um Kindererziehung und unterschiedliche Vaterfiguren ging es zuletzt in „Like Father, Like Son“. Litt dieser Film etwas an seinem schematischen Aufbau, so zeigt sich Kore-eda in „Unsere kleine Schwester“, der nach einem Manga von Akimi Yoshida entstand, auf der Höhe seiner Kunst.
Gewohnt unaufgeregt erzählt der Japaner von drei erwachsenen Schwestern, die nach dem Tod ihres Vaters, der vor 15 Jahren wegzog und eine andere Frau heiratete, ihre 13-jährige Halbschwester bei sich aufnehmen. Nichts Spektakuläres passiert, sondern Kore-eda beschränkt sich darauf seine vier Protagonistinnen durch ihren Alltag zu begleiten, bietet dabei aber auch zunehmend Einblick in die Familiengeschichte.
Kurz flackern hin und wieder zwar Konflikte auf, doch spätestens beim Essen – und selten wurde wohl in einem Film so viel gekocht und gegessen – versöhnt man sich wieder. Federleicht - wie hingetupft - wirken die in sanfte Pastelltöne getauchten Szenen, gleichzeitig ist der Blick des Regisseurs so warmherzig und feinfühlig, dass einem die Charaktere rasch ans Herz wachsen.
Bewegend feiert diese Ode an das Leben in kleinen Momenten wie einer Fahrradfahrt durch eine Allee blühender Kirschbäume, einem Feuerwerk oder einem Blick über Stadt und Meer das Glück des Augenblicks. Bedeutung gewinnt dieser freilich erst angesichts der Vergänglichkeit, an die Kore-eda wiederum sanft, aber eindringlich durch den Wechsel der Jahreszeiten und vor allem durch die Sterbeszenen erinnert.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Sa 23.4., 22 Uhr; Mo 25.4., 18 Uhr; Di 26.4., 20.30 Uhr

Risse im Beton: Die erste Einstellung gibt schon den Ton vor: Eine ältere Frau verfolgt einen Mann aus einem tristen Sozialbau, holt ihn ein und schlägt immer wieder auf ihn ein. Die Betonwand evoziert ebenso wie das kalte weiße Licht, die auf dunkle Töne reduzierte Farbpalette und ein kahler Baum eine kalte Atmosphäre.
Diese Stimmung wird sich durch den ganzen Film ziehen, rar gesät sind Momente des Glücks. Mit einer beweglichen und nah geführten Handkamera sowie einem dynamischen Schnitt zieht der kurdischstämmige Wiener Umut Dag den Zuschauer unmittelbar ins Geschehen und ins Milieu hinein. Kaum einmal öffnet sich der Blick auf eine Welt jenseits der der türkischen Migranten, die interessanterweise untereinander weitgehend Deutsch sprechen.
Im Zentrum der in Wien spielenden Handlung steht Ertan (Murathan Muslu), der nach zehn Jahren aus der Haft entlassen wird. Mit seinen früheren kriminellen Freunden will er nichts mehr zu tun haben, sondern ein neues Leben beginnen und gleichzeitig einen türkischen Teenager vor dem Absturz in die Kriminalität zu bewahren.
Stark ist „Risse im Beton“ im ungeschminkten Blick auf das Milieu, in lebensechten, von Aggression bestimmten Dialogen und starken Schauspielern, aber auch im reduzierten Musikeinsatz und den kalten von Betonbauten dominierten Winterbildern. Spürbar wird über diese visuelle Ebene die schwierige Situation dieser Migranten, die verzweifelt um ein besseres Leben kämpfen, aber kaum eine Chance haben aus ihrem Milieu herauszukommen.
Mit der Durchschlagskraft und der Prägnanz der Filme der Dardenne-Brüder, auf deren Spuren Dag hier deutlich wandelt, kann es „Risse im Beton“ zwar nicht aufnehmen, aber ein kraftvolles und dichtes Sozialdrama ist dies dennoch.
Kammgarn Hard: Mi 27.4., 20.30 Uhr