Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Walter Gasperi · 19. Dez 2019 · Film

Aktuell in den Filmclubs (20.12. - 26.12. 2019)

Der Spielboden Dornbirn zeigt diese Woche nochmals „Skin“, in dem Guy Nattiv von einem amerikanischen Neo-Nazi erzählt, der aus der Szene aussteigen will. Im Skino Schaan gibt es dagegen nochmals die Gelegenheit, mit Nicolas Bedos „La belle époque – Die schönste Zeit unseres Lebens“ eine der schönsten Komödien des Jahres zu entdecken.

Skin: Hautnah ist der Israeli Guy Nattiv in seinem dritten Spielfilm vor allem am Beginn an der amerikanischen Neonazi-Szene dran, versetzt den Zuschauer mit dynamischer Handkamera und direkter und zupackender Inszenierung unmittelbar ins Geschehen. Dicht und packend evoziert er das Klima der Gewalt und des Hasses, das in dieser Gruppe herrscht. Nattiv macht nicht nur die hierarchischen Strukturen sichtbar, sondern zeigt auch den Nährboden, in dem die Neonazis neue Mitglieder ködern können.
Auch Bryon Widner (Jamie Bell) ist fanatischer Rassist und Neonazi, doch die Bekanntschaft mit einer alleinerziehenden dreifachen Mutter weckt in ihm langsam Zweifel. Die Neonazis freilich wollen den am ganzen Körper tätowierten jungen Mann nicht ziehen lassen.
Unterbrochen von kurzen Szenen der äußerst schmerzhaften Entfernung der Tätowierungen mittels Laser, für deren hohen Kosten ein anonymer Spender aufkam, erzählt Nattiv ohne viel Pathos realistisch die Geschichte dieser Wandlung. Die Inserts zur Anzahl und den rund 600 Tagen der Laserbehandlung machen dabei auch deutlich, wie lange sich diese Entfernung der äußeren Kennzeichen der Zugehörigkeit hinzog.
Nach dem dynamischen Beginn wird „Skin“ dabei zunehmend ruhiger, bleibt aber packend durch das intensive körperbetonte Spiel nicht nur Jamie Bells, der vor rund 20 Jahren in „Billy Elliot“ als Ballett tanzender Arbeiterjunge bekannt wurde, sondern durch den insgesamt sehr authentisch spielenden Cast und die Verankerung der Handlung in einem realistisch und ungeschönt gezeichneten Milieu.
Klein wiegt da der Einwand, dass sich die Handlung teilweise sprunghaft entwickelt, leise und differenziertere Töne fehlen und hohes Erzähltempo vor Auslotung einzelner Szenen und Figuren geht. Deftiges Kino wird hier geboten, auch Action soll nicht zu kurz kommen. Nicht zuletzt ist es aber gerade die zum Thema und zum Milieu passende Rohheit und Energie, durch die „Skin“ seine Intensität, Wucht und Spannung entwickelt.
Spielboden Dornbirn: Fr 20.12., 19.30

La belle époque – Die schönste Zeit unseres Leben: Mit Hilfe einer Firma, die reichen Kunden in einem Filmstudio eine Zeitreise in ihre Lieblingszeit anbietet, will der missmutige alte Victor nochmals den 16. Mai 1974 erleben, an dem er die Liebe seines Lebens kennenlernte.
Von der ersten Szene an wirbelt Nicolas Bedos in seinem zweiten Spielfilm lustvoll die Zeitebenen durcheinander, parallel dazu spielt er auch brillant mit Realität und Inszenierung. Großen Flow entwickelt „Die schönste Zeit unseres Lebens“ nicht nur durch die ebenso dichte wie leichthändige Verschränkung der verschiedenen Ebenen, sondern auch durch den großartigen Soundtrack. Sichtlich Leidenschaft und Herzblut stecken in diesem Film, vertrauen kann Bedos dabei auch auf ein bestens gelauntes und groß aufspielendes Star-Ensemble. An ihre eigenen Anfänge in den 1970er Jahren scheinen sich Daniel Auteuil und Fanny Ardant mit diesen Rollen zu erinnern und bringen viel Melancholie in diese Komödie. Und auch der Zuschauer kann in der groß aufspielenden und mit ihrem Charme begeisternden Doria Tiller eine neue Ardant - oder eben die Ardant der Truffaut-Filme - entdecken.
Mit Altern und Vergänglichkeit, mit Beziehungsproblemen, die es in allen Lebensphasen geben kann, und der Suche nach dem Lebensglück sowie dem Spannungsfeld von Realität, geschönten Erinnerungen und Inszenierung schneidet Bedos gewichtige Themen an, doch durch die schwungvolle und vor Esprit sprühende Inszenierung bewahrt diese Komödie immer ihre Leichtigkeit und ihren Charme: Unbeschwertes Kinovergnügen, das zwar zum Nachdenken anregen kann, aber vor allem Lebensfreude verbreitet, wird hier geboten, sodass der Zuschauer am Ende lächelnd und fast schwebend das Kino verlässt.
Skino Schaan: Fr 20.12., 14 Uhr + Sa 21.12., 18 Uhr