Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Walter Gasperi · 15. Apr 2012 · Film

Aktuell in den Filmclubs (16.4. - 22.4. 2012)

Am Spielboden Dornbirn startet diese Woche die Queerfilmreihe, in deren Verlauf je zwei Filme mit schwuler, lesbischer und Transgender-Thematik gezeigt werden. Ein schillernder und im besten Sinne verstörender Klassiker läuft dagegen mit Nicholas Roegs australischem Abenteuer „Walkabout“ im Kunstmuseum Liechtenstein.

Stadt Land Fluss: Zurückhaltung kennzeichnet das Debüt des jungen deutschen Filmemachers Benjamin Cantu. Schon fast eine Provokation ist es, wie lange er sich in  darauf beschränkt den Alltag in der 60 Kilometer südlich von Berlin gelegenen Agrargenossenschaft „Die Märker“ zu schildern. Man sieht die Jugendlichen, die hier zu Bauern ausgebildet werden sollen, bei Stallarbeiten, bei der Ernte, beim Bewässern der Felder oder bei Besprechungen mit ihrer Vorgesetzten.
Erst langsam entwickelt Cantu aus dem Dokumentarischen heraus eine Geschichte, rückt den aus schwierigen familiären Verhältnissen stammenden Marko und Jakob, der eine Banklehre hingeschmissen hat, in den Mittelpunkt. In kleinen Gesten kommen sie sich näher und unterdrückt Marko zunächst noch seine Gefühle, so finden sie in einem Ausbruch aus der Provinz nach Berlin doch zueinander.
Ganz von der genauen Beobachtung des Alltäglichen, von Blicken und kleinen Gesten und der bestechenden Integration des realen Hintergrunds und der realen Menschen – nur Jakob und Marko werden von Schauspielern verkörpert - in die fiktive Geschichte lebt dieser Film und beglückt durch den Verzicht auf jede Dramatisierung. Vorwerfen könnte man „Stadt Land Fluss“ höchstens, dass in der Betonung der Selbstverständlichkeit einer homosexuellen Liebe der Einfluss der produzierenden Salzgeber & Co Medien, die auf schwul-lesbische Themen spezialisiert sind, nicht zu übersehen ist.
Spielboden Dornbirn: Mi 18.4., 20.30 Uhr
Weitere Filme in der Queerfilmreihe: Wo waren wir Frauen, als die Männer zum Mond flogen (17.4.); The Ballad of Genesis and Lady Jaye (20.4.); Romeos (25.4.); Patrik 1,5 (26.4.); Herbstgefühle (28.4.)


Walkabout:
Nicholas Roeg machte sich zunächst in den 1960er Jahren als Kameramann bei Filmen von Richard Lester, John Schlesinger und Roger Corman einen Namen, von seinen Regiearbeiten kennt man vor allem den Thriller „Wenn die Gondeln Trauer tragen“. In seinem 1970 entstandenen Regiedebüt erzählt der Brite von zwei verlassenen Kindern, die im australischen Outback auf einen jungen Aborigine treffen, der sich auf seinem Walkabout, seiner dreimonatigen Initiationsreise befindet. Eine Verständigung mit Worten ist nicht möglich, doch der Aborigine kümmert sich um die Kinder, führt sie durch fantastische Landschaften, deren Schönheiten auch das Mädchen entdeckt...
Die faszinierenden Bilder der Wanderung, die von einem eigenwilligen Soundtrack begleitet werden, kontrastiert Roeg mehrfach mit Werbung für Zivilisationsgüter, die aus dem Transistorradio der beiden Kinder zu hören ist, aber auch mit der erwachenden Sexualität des Mädchens, das den Aborigine zu begehren beginnt, spielt der Film.
Offen zu Tage liegt der Culture-Clash und die Zivilisationskritik, die hier geübt werden, aber Roeg interessiert sich nur wenig für realistisches Erzählen, versucht vielmehr in seinem Fluss der Bilder in die Welt der Aborigines einzutauchen. So wird "Walkabout", der sich einen großen Rest an Rätseln bewahrt, für den Zuschauer selbst zu einem Initiationstrip, der ihn in den Outback und dessen unberührte Natur eintauchen lässt, ihm dessen Schönheiten, aber auch Gefahren vor Augen führt.
Takino im Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz: Do 19.4., 20 Uhr