Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 14. Okt 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (15.10. - 21.10. 2021)

Das Filmforum Bregenz zeigt diese Woche nochmals Wong Kar-Wais betörenden Liebesfilm "In the Mood for Love". Im Skino in Schaan und im Kinotheater Madlen in Heerbrugg läuft unter anderem "Quo vadis, Aida?", in dem Jasmila Žbanić erschütternd die letzten Stunden vor dem Massaker von Srebrenica nachzeichnet.

In the Mood for Love: Hongkong, 1962: Zwei Ehepaare ziehen in einem engen Mietshaus ein, wohnen Wand an Wand. - Christopher Doyles grandiose Kameraarbeit macht mit extremen Nahaufnahmen diese Enge ebenso physisch spürbar wie er mit Farben und Licht in unvergleichlicher Weise die Atmosphäre der frühen 60er Jahre vermittelt.
Herr Chow und Frau Chan begegnen sich im Gang, dann auf der Straße, trinken schließlich zusammen Kaffee und entdecken, dass ihre - im Film unsichtbar bleibenden - Ehepartner sie miteinander betrügen. Herr Chow und Frau Chan treffen sich öfter, versuchen sich in ihre Ehepartner hineinzuversetzen, ihre Rollen zu spielen. - Oder sind es doch echte Gefühle?
Mehr als eine Berührung der Hände erlaubt Wong Kar-wai ihnen in seinem 2000 entstandenen Liebesfilm nicht. Sie treffen keine Entscheidung, trennen sich und alles ist verloren, während de Gaulle in einer eingeschnittenen Dokumentaraufnahme von 1966 erklärt "alles wird auf ewig so bleiben, wie es ist."
Zeitlich und örtlich genau festgelegt (1962-1966) erzählt Wong eine zeitlose Geschichte von der Unmöglichkeit der Liebe, von Vergänglichkeit und Isolation in der Großstadt. Mit höchster Perfektion nutzt der Hongkonger dabei die Möglichkeiten filmischen Erzählens, bietet einen virtuos getimten Wechsel von Wiederholungen und Ellipsen, akzentuiert mit Zeitlupenaufnahmen und evoziert mit einem Rausch überwältigender Bilder und einem großartigen Soundtrack mit spanischen Songs von Nat King Cole intensiv eine Stimmung der Melancholie und Vergeblichkeit.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 20.10., 20 Uhr

Quo vadis, Aida?: Quasidokumentarisch zeichnet Jasmila Žbanić die Stunden vor dem Massaker von Srebrenica nach, bei dem am 11. Juli 1995 mehr als 8.000 Bosnier – vor allem Männer – von serbischen Paramilitärs ermordet wurden. Auf Vorgeschichte und Hintergrundinformationen verzichtet Žbanić. Sie versetzt den Zuschauer mittels nah geführter Kamera unmittelbar ins Geschehen und lässt ihn dieses hautnah nacherleben.
Im Zentrum der Handlung steht die frühere bosnische Englischlehrerin Aida (Jasna Đuričić), die nun im Lager der niederländischen UN-Schutztruppe als Dolmetscherin arbeitet. In ihrer Vermittlertätigkeit muss sie praktisch permanent die Seiten wechseln, einerseits die dringliche Bitte des Bürgermeisters von Srebrenica um militärisches Eingreifen der UN-Truppe übersetzen, andererseits die abschlägige Antwort des niederländischen Kommandanten Colonel Karremans.
Mit den Mitteln eines Thrillers zeichnet Žbanić die Ereignisse nach, die sich zuspitzen, als die Bewohner von Srebrenica zum UN-Lager flüchten, dort aber nur teilweise aufgenommen werden und schließlich den von General Mladić geleiteten Serben zur angeblichen Evakuierung in eine andere Stadt übergeben werden.
Aufwühlende Intensität gewinnt "Quo vadis, Aida?" nicht nur durch die zupackende Inszenierung, sondern mehr noch durch den zwar bekannten, aber dennoch schockierenden Umstand, dass weder von der UN-Truppe noch von der informierten Staatengemeinschaft eingegriffen wurde, um dieses Massaker zu verhindern. Chancenlos ist Aida in dieser von Männern dominierten militärischen Welt in ihrem Kampf um ihren Mann und ihre beiden Söhne. Wie eine Löwin mag die von Jasna Đuričić gespielte Protagonistin kämpfen, kann aber letztlich nichts ausrichten. Trotz des Massakers, das Žbanić mehr andeutet als konkret ausformuliert, endet "Quo vadis, Aida?" aber mit einem Epilog, der Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben kommender Generationen macht.
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: 18.10., 20.15 Uhr
Skino Schaan: Do, 21.10., 18 Uhr

 

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