„Tancredi“ begeistert als Hausoper der Bregenzer Festspiele in glänzender Besetzung. (Foto: Bregenzer Festspiele/Karl Forster)
Walter Gasperi · 12. Sep 2019 · Film

Aktuell in den Filmclubs (13.9. - 19.9. 2019)

Der FKC Dornbirn zeigt diese Woche (und die Bludenzer LeinwandLounge die nächste Woche) die kapitalismuskritische kanadische Komödie „Der unverhoffte Charme des Geldes“. Am Spielboden Dornbirn bietet der Dokumentarfilm „Of Fathers and Sons – Die Kinder des Kalifats“ Einblick in eine islamistische syrische Familie.

Der unverhoffte Charme des Geldes: Der Mittdreißiger Pierre-Paul (Alexandre Landry) hat zwar einen Doktor in Philosophie, arbeitet aber lieber als Kurier für einen Paketdienst. Statt nach oben schaut er nach unten, geht an keinem Obdachlosen vorbei, ohne ein paar Cent in deren Becher zu werfen. Doch dann wird er Zeuge eines Banküberfalls, bei dem ihm zwei prall mit Geld gefüllte Sporttaschen vor die Füße fallen. Er zögert nicht lange, aber bald sucht nicht nur die Polizei, sondern auch die Mafia nach dem Geld. In einem Luxus-Callgirl und einem Ex-Rocker, der im Gefängnis Wirtschaft studierte, findet Pierre-Paul aber Helfer.
Ein Vergnügen ist es zu verfolgen, wie leichthändig Denis Arcand zwischen den Aktionen Pierre-Pauls, der Polizisten und der Mafia, die bei der Suche nach dem Geld nicht zimperlich vorgeht, wechselt. Souverän hält der Quebecer die Erzählfäden in der Hand und mischt spielerisch leicht Spannung und Witz und spart in den treffsicheren Dialogen auch nicht mit bissiger Kapitalismuskritik.
Dem allgemeinen Egoismus und der Gier stellt er das philanthropische Denken Pierre-Pauls gegenüber, das auch auf das Callgirl abfärbt, das schließlich auch das Herz für die sozial Schwachen entdeckt.
Ein Märchen ist das, aber eines mit dem Herz am richtigen Fleck und auch die herrlich unkonventionellen, treffend besetzten und von einem blendend harmonierenden Ensemble lustvoll gespielten Protagonisten tragen nicht unwesentlich zum Vergnügen bei, das dieser Film trotz seiner Länge von 127 Minuten bereitet.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 18.9., 18 Uhr; Do 19.9., 19.30 Uhr
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 25.9., 19 Uhr

 

Of Fathers and Sons – Die Kinder des Kalifats: 2014 kehrte der in Damaskus geborene Talal Derki, der in Athen Film studiert hatte und in Berlin lebt, in seine Heimat zurück. Während die Kamera bei einer Autofahrt das vom Krieg zerstörte Land erfasst, erzählt der Regisseur im Voice-over von dieser Rückkehr und wie er mit seinem Kameramann Kahtan Hassoun in Nordsyrien Zugang zu einer islamistischen Familie bekam, indem er sich als Kriegsreporter, der mit dem Salafismus sympathisiert, ausgab. Rund zwei Jahre blieben Derki und Hassoun bei dieser Familie des Rebellenführers Abu Osama und dokumentierten den Alltag mit der Kamera.
Derki stellt nur wenige Zwischenfragen und überlässt den filmischen Raum fast völlig der Familie. Mit seiner Innensicht bietet „Of Fathers and Sons“ kein Bild oder gar eine Analyse des Krieges in Syrien. Auch nach den Wurzeln der islamistischen Haltung der Familie forscht Derki nicht, aber durch die extreme Nähe zur Familie bietet er in seiner kommentarlosen Beobachtung einen unverstellten und erschütternden Einblick in eine Realität, über die man sonst meist nur aus zweiter Hand hört.
Zentrale Kraft in der Familie ist der Vater, der drei seiner zwölf Söhne in Erinnerung an Osama bin Laden, dessen Stellvertreter Ayman Al Zawahiri und Mohammed Atta, einen der Attentäter vom 11. September 2001, Osama, Ayman und Mohammad nannte. Die Frauen bleiben außen vor, höchstens am Rande bekommt man sie kurz zu Gesicht. Der Fokus liegt ganz auf dem Vater, dem 12-jährigen Osama sowie dem 13-jährigen Ayman, die vom Vater von klein auf islamistisch indoktriniert und durch militärische Ausbildung auf den Dschihad vorbereitet werden.
Spielboden Dornbirn: Mi 18.9., 19.30 Uhr


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