Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Walter Gasperi · 12. Apr 2018 · Film

Aktuell in den Filmclubs (13.4. – 19.4. 2018)

Der FKC Dornbirn zeigt diese Woche Ruben Östlunds „The Square“, in dem der Schwede auf höchst unterhaltsame Weise mit dem Kunstbetrieb abrechnet und nach der Menschlichkeit in der Oberschicht der westlichen Gesellschaft fragt. Im Kunstmuseum Liechtenstein in Vaduz ist dagegen mit dem deutschen Großstadtfilm „Menschen am Sonntag“ ein Klassiker der Filmgeschichte zu sehen.

The Square: In Ruben Östlunds Satire auf den Kunstbetrieb, die 2017 mit der Goldenen Palme von Cannes ausgezeichnet wurde, kommt das Leben eines Kurators in Unordnung, als ihm auf einem belebten Stockholmer Platz Handy und Geldtasche gestohlen werden. An einer stringenten Entwicklung der Handlung ist Östlund nicht inszeniert, vielmehr exerziert er mit einem großartigen Claes Bang in der Hauptrolle in einer Fülle von Szenen seine Ideen von der fehlenden Menschlichkeit auch bei einem Kunstprojekt, das gerade diese Menschlichkeit thematisiert und einfordert, durch.
Nach außen und mit der von ihm kuratierten Ausstellung gibt sich dieser Christian zwar als sozial engagiert, lässt dieses Verhalten nach dem Handy-Diebstahl aber völlig vermissen. In Selbsthilfe geht er mittels Handyortung mit einem Angestellten auf Diebesjagd und beschuldigt dabei auch Unschuldige. Auch beim Umgang mit einer amerikanischen Journalistin zeigt er wenig Empathie und der Sex mit ihr gestaltet sich völlig mechanisch. Und schließlich rechnet Östlund auch mit den Marketingstrategien und modernen Bildmedien ab.
So treffend und brillant, wenn auch nicht frei von Plattheiten das aber auch in den einzelnen Szenen ist, so unterhaltsam die 140-minütige Satire trotz des kühlen Blicks auf die Menschen auch ist, so mangelt es dem Film doch auch an Geschlossenheit, denn viele Szenen verlaufen im Nichts. Die Dichte und die Durchschlagskraft, die Östlunds messerscharf inszenierter letzter Film „Turist – Höhere Gewalt“ auszeichneten, erreicht „The Square“ nicht.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 18.4., 18 Uhr + Do 19.4., 19.30 Uhr

Menschen am Sonntag: Der deutsche Stummfilm wird oft auf den Expressionismus reduziert, doch diese 1929 entstandene Gemeinschaftsarbeit von Edgar G. Ulmer und Robert Siodmak als Regisseure sowie Billy Wilder und Siodmak als Drehbuchautoren zeigt eine ganz andere Facette. Quasi ein Gegenfilm zu Walter Ruttmanns „Berlin – Die Sinfonie der Großstadt“, in dem der Rhythmus der Maschinen und der Montage der Bilder den Menschen den Lebensrhythmus aufoktroyierte, gelang dem jungen Team, das später in Hollywood Karriere machte, hier.
Der Titel ist Programm, eine echte Handlung stellt sich kaum ein, vielmehr folgt der Film einigen jungen Menschen, die Großteils von Laien gespielt wurden, zunächst durch den Samstagnachmittag, dann durch einen Sonntag in Berlin. Bruchlos fließen so in diesem zeitlosen Meisterwerk, das von vielen kleinen, genau beobachteten Szenen lebt, Dokumentarisches und Inszenierung ineinander.
Man schaut sich den neuesten Greta-Garbo-Film im Kino an, fährt zum Picknick an den Wannsee, besucht ein Hockeyspiel. Im Zentrum des Films steht die Stadt und die Menschen, die versuchen den Zwängen des Alltags zu entfliehen und dabei doch keine neue Freiheit gewinnen.
In seiner Frische und seiner Natürlichkeit, im unverfälschten Blick auf das Berlin der Zwischenkriegszeit wurde dieser Film zu einem wichtigen Vorläufer des französischen poetischen Realismus der 1930er Jahre und des italienischen Neorealismus der Nachkriegszeit.
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz: Do 19.4., 20 Uhr