Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Gunnar Landsgesell · 13. Jul 2018 · Film

Adrift - Die Farbe des Horizonts

Was als romantisches Abenteuer beginnt, entwickelt sich zum Horrortrip. Nach einem gewaltigen Hurricane findet sich Tami (Shailene Woodley) allein an Bord einer havarierten Yacht am offenen Meer. Nach einem wahren Fall aus den 1980er Jahren.

„Come sail with me“, ein Satz wie dieser kann im Kino Romantik oder auch den nackten Kampf ums Überleben einleiten. Regisseur Balthasar Kormakur probt in „Adrift – Die Farbe des Horizonts“ beides. Schon zu Beginn gibt es ein böses Erwachen, und dass der Mast der Segelyacht, auf der sich Tami (Shailene Woodley) befindet, abgeknickt ist, ist noch nicht einmal das Schlimmste. Der charmante Aussteiger Richard (Sam Claflin), den Tami einige Zeit zuvor kennengelernt hatte, lud sie ein, eine Yacht 4000 Kilometer von Tahiti ins kalifornische San Diego zu bringen. Eine reizvolle Aufgabe mit einer romantischen Versprechung zu zweit und 10.000 Dollar Salair von den Yachtbesitzern. Eine verführerische Idee auch für eine Frau, die ihrer Familie und den Zwängen des Arbeitslebens für einige Zeit entfliehen möchte. Als sich ein gewaltiger Hurricane aufbaut und zehn Meter hohe Wellen gegen das Boot schleudert, geht Richard über Bord. Das freundlich schimmernde Türkis, mit dem das Meer zu Beginn in Kormakurs Film lockte, wird es später nicht mehr aufsetzen. Düsteres Graublau und eine giftige Gischt, frisch im CGI-Computer zusammengebraut, schrauben das Barometer konsequent Richtung Katastrophe hoch.

 Auf sich zurückgeworfen

„Adrift“ ist aber kein Katastrophenfilm wie etwa „Tsunami“ (2012), in dem Menschen um ihr Leben laufen. „Adrift“ erzählt wie zuletzt etwa „All is Lost“ (2014) mit einem wacker kämpfenden Robert Redford vor allem davon, was es heißt, auf sich selbst zurückgeworfen zu sein. Das haben Boots- und Bergfilme gewissermaßen gemein: Wenn die Umwelt es nicht gut mit dir meint, hilf dir selbst, jemand anderen gibt es nämlich nicht. Anders als Regisseur J. C. Chandor in „All is Lost“ setzt Kormakur allerdings kein Vertrauen darauf, seiner Protagonistin konsequent auf ihrer ungewissen Reise zu folgen. „Adrift“ nähert sich seinem dramatischen Höhepunkt recht gemächlich. Da knallen Sektkorken und entspinnt sich ein Geplänkel auf eine Weise, wie romantische Geschichten gemeinhin erzählt werden. Und als sich die Katastrophe ereignet hat, greift Kormakur auf Rückblenden zurück und zerstückelt jene Ereignisse, die eigentlich dafür verantwortlich sind, dass diese lose auf wahren Begebenheiten aus den 1980er Jahren basierende Geschichte ihren Weg ins Kino fand. Sicherlich, in Momenten höchster Not mag die Erinnerung an heile, an vertrauliche Lebensepisoden einem Mut geben. In „Adrift“ wird dieses Prinzip aber nur mühsam ins Filmische übersetzt. Mit Shailene Woodley findet sich hingegen eine Darstellerin, die das Publikum mit ihrer unverstellten Performance zu affizieren vermag. Statt heroischer Überhöhung oder banaler Dramaqueen ermöglicht Woodley eine Perspektive, die aus dem Leben gegriffen scheint – auch in der unwahrscheinlichsten Konstellation.