Neu in den Kinos: „Emilia Pérez“ (Foto: Neue Visionen/Wild Bunch)
Manuela Schwärzler · 24. Okt 2024 · Aktuell

Ein Literaturhaus für alle

Eröffnung im April 2025

Es gibt Neuigkeiten zum Literaturhaus Vorarlberg, das in der Villa Franziska und Iwan Rosenthal am Stadteingang von Hohenems seine Heimat gefunden hat. Nach einigen Verzögerungen, die vor allem der Coronapandemie geschuldet sind, steht nun endlich der Termin für die Eröffnung fest. „Eigentlich sind es zwei“, freut sich Geschäftsführerin Frauke Kühn: Die hauseigene Eröffnung mit dem Programmstart findet am 12./13. April statt, den Festakt dazu feiern sie gemeinsam mit der Eröffnung des benachbarten Rathaus Quartiers am 14. Juni.

Behutsame Revitalisierung der historischen Villa  

Das Büro ist bereits bezogen und das fünfköpfige Frauenteam selbst noch ganz beeindruckt von der stilvollen Umgebung. Denn die Restaurator:innen haben sichtlich wertvolle Arbeit geleistet und die Villa behutsam aus ihrem Dornröschenschlaf geholt. Mit viel Feingefühl wurde revitalisiert und doch nicht alles „glattgebügelt“, sodass der Charme erhalten blieb. Immer wieder knarzt der Fußboden, die rote Samtpolsterung der Balustrade im Esszimmer zeigt Spuren der Abnützung und es gibt durchaus auch verschiedene Tapeten in nur einem Raum.
Doch nicht (nur) das über hundert Jahre alte Gebäude mit seinen bauhistorischen Besonderheiten soll Anlass geben, das erste Literaturhaus Vorarlbergs zu besuchen. Vor allem das Programm soll es zu einem Ort für alle machen, die sich für Sprache und Literatur interessieren, und zwar quer durch alle Vorlieben und Interessen, durch alle Generationen und Sprachen. Barrierefreiheit wird als Selbstverständlichkeit behandelt – von der Zugänglichkeit über die Verständlichkeit bis hin zu den Öffnungszeiten 

Ungewöhnliche Formate rund um Literatur und Sprache  

„Das Literaturhaus soll Menschen und Literatur in Verbindung bringen“, sagt Frauke Kühn gleich zu Beginn. Und dass diese Prämisse konsequent in alle Richtungen gedacht wird, zeigt sich im Detail. Nicht nur abends wird das Haus für Veranstaltungen geöffnet, auch tagsüber lädt es zum Verweilen und zur Begegnung mit Literatur ein – sei es zur Erledigung der Hausübung oder für einen literarischen Ausklang des Nachmittags auf dem Spielplatz. Das ehemalige Musik- und Spielzimmer soll ein spielerischer Ort bleiben – ein MakerSpace, der zum Spielen und Experimentieren mit Sprache einladen und so zum Beispiel ersten Gehversuchen in Sachen Podcast, TikTok-Video oder Graphic Novel Raum geben soll. Die ältere Generation ist eingeladen, ihre Erinnerungen an die Villa und ihre ehemaligen Bewohner:inenn beizusteuern – sie sollen später im ganzen Haus hörbar sein. Natürlich werden aber auch „klassische“ Literaturveranstaltungen wie die sogenannte „Wasserglas-Lesung“ stattfinden, allerdings in ungewohntem Setting und vielleicht mit ungewohntem Inhalt. Denn „die Literaturlandschaft in Vorarlberg blüht und es macht keinen Sinn, die siebte Lesung eines Autors oder einer Autorin aus der Neuerscheinung“ zu veranstalten, betont Frauke Kühn. Vielmehr solle das Literaturhaus die Facetten der Literatur von anderen Seiten beleuchten. Vor allem das Prozesshafte werde im Mittelpunkt stehen, mit „Blicken in die Werkstatt“. Als Beispiel nennt sie das „Live-Lektorat“, eine Veranstaltung, bei der das Publikum nicht nur die sonst hinter verschlossenen Verlagstüren stattfindende Arbeit von Lektor:in und Autor:in am Text miterlebt, sondern sich auch einbringen kann. 
Neben Kontakten mit den Verlagshäusern ist Frauke Kühn aber auch der direkte Kontakt zu den Autor:innen wichtig. Auch sie sollen ihre Präferenzen einbringen können. Auf die Frage, was sie „immer schon mal machen wollten“, folgten unerwartete Antworten. So wird es vielleicht demnächst eine ungewöhnliche Wasserglas-Lesung aus den größten Flops eines Autors oder persönlichen Briefen geben – im wunderschön restaurierten Treppenaufgang, der dem Autor eine Zwischenbühne bietet und dem Publikum ein zweigeschossiges Auditorium.

Schwerpunkte

Einer der Schwerpunkte werde das visuelle, grafische Erzählen sein, gibt Frauke Kühn Einblick in die programmatische Ausrichtung. Erste Ergebnisse dieser Entscheidung sind bereits sichtbar (und erhältlich): Acht Mikro-Geschichten rund um das Entstehen des Literaturhauses und die Sprache sind seit dem Projektstart „Literaturhaus Vorarlberg“ 2019 als Daumenkino erschienen, neun sollen es bis zur Eröffnung 2025 werden. Und auch eine Daumenkino-Lesung ist im Eröffnungsjahr geplant.
Bis dahin bleibt jedoch sowohl den Handwerker:innen als auch dem Literaturhausteam noch einiges zu tun. Denn noch gleicht vieles einer Baustelle, allem voran die Kutscheneinfahrt. Aber auch rund um das Haus wird noch gebaggert und hinter den wunderschönen alten Fenstergläsern des Gartensalons versperrt ein Bau-LKW die Sicht in den Park hinter der Villa. 
Im ersten Stock werden sich derweil Frauke Kühn und ihr Team weiter inhaltlichen und organisatorischen Dingen widmen, aber auch finanziellen. Denn obwohl das Budget für 2025 durch Förderungen von Stadt, Land und Bund gesichert ist, werde in Zukunft auch Sponsoring ein Thema sein.

www.literatur.ist

Mehr über die Geschichte und Architektur der Villa erfahren Sie im Artikel von Martina Pfeifer Steiner (KULTUR Mai 2023): https://epaper.kulturzeitschrift.at/kiosk/detail/kulturzeitschrift.zeitschrift_f_r_kultur_und_gesellschaft_mai_