"Mit einem Tiger schlafen": Anja Salomonowitz‘ Spielfilm über die Künstlerin Maria Lassnig derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: Stadtkino Wien Filmverleih)
Silvia Thurner · 04. Mai 2024 · Musik

Die Schurken – Mut, Glück und ein bisschen Verrücktheit

Standing Ovations für ein Ensemble mit Strahlkraft, das sein 20-jähriges Bestehen feierte

Mit den Worten „Hurra, wir sind keine Teenager mehr, denn wir sind 20“ begrüßte Martin Deuring vom Ensemble Die Schurken das Publikum im bis auf den letzten Platz besetzten Theater Kosmos. Den runden Ensemble-Geburtstag feierten Stefan Dünser (Trompete), Martin Schelling (Klarinette), Goran Kovacevic (Akkordeon) und Martin Deuring (Kontrabass) mit einer erlesenen Auswahl an Lieblingsstücken und neuen Werken von Juan-Carlos Diaz und Marcus Nigsch. Mit ihrem freudvollen und souveränen Spiel führte das Quartett die Zuhörenden in lichte Höhen und bot eine erfrischende Unterhaltung in fröhlicher Stimmung.

Beim Konzipieren ihres Geburtstagsprogramms gingen Die Schurken von Überlegungen zu unserer nervenaufreibenden Gegenwart mit all den gesellschaftlichen Wirrnissen, politischen Auseinandersetzungen und Kriegen aus. Ihr neuestes Konzertprogramm soll für sie selbst und die Zuhörenden kraftspendende Klanginseln schaffen. Nicht in Form eines Musiktheaters, für die Die Schurken international bekannt sind, sondern in traditioneller kammermusikalischer Musizierweise traten die vier Musiker vor das Publikum. Dem Leitgedanken: "Nieder mit der Schwerkraft. Es lebe der Leichtsinn" folgend, erklangen Kompositionen, mit jeweils unterschiedlichen emotionalen Charakteren. Geschickt und mit viel Ausdruckskraft kombinierte das Ensemble die Werke und präsentierte ein kurzweiliges Konzerterlebnis, das gut proportioniert zwischen Spannung und Entspannung jonglierte.

Qualitätvolle Arrangements

Ihre Kräfte schonten die herausragenden Musiker nicht. Denn alle Kompositionen lebten von beeindruckenden Arrangements. Weil sie diese weitgehend selbst anfertigen oder den Musiker Jose Luis Colmenares beauftragen, beinhaltenten alle Bearbeitungen Raffinessen, die die Aufmerksamkeit auf die individuelle Musikalität und Virtuosität der Musiker lenkten. Überdies kamen die Klangfarben, die sich aus der Besetzung Trompete, Klarinette, Akkordeon und Kontrabass ergeben, in unterschiedlichsten Konstellationen zur Geltung. Besonders in Erinnerung blieb im Hinblick darauf der berühmte „Walzer Nr. 2“ aus der Jazz-Suite von Dmitri Schostakowitsch. Dieses schlichte Stück erklang wunderbar elegant, bespickt mit Verzierungen, Durchgängen, Begleitfloskeln und immer wieder neu sich öffnenden Klangfarbenmustern, mit denen die Hauptmelodie zelebriert wurde.

Drei neue Werke

Im Mittelpunkt standen drei Uraufführungen mit Werken von Juan-Carlos Díaz und Marcus Nigsch. „Asi es la vida“ nannte Juan Carlos Díaz Bueno sein neuestes Werk. Mit dem Kontrabass-Intro entfaltete sich eine entspannte Atmosphäre, in die sich die Trompete mit Dämpfer sowie das Akkordeon einfügten, bis schließlich die Klarinettenstimme daraus herauswuchs. Aus dem Klangfluss führten sprudelnde motivische Gesten in eine rhythmisch beschwingte Melodie, die Freiraum für eigene Assoziationen öffnete.
„Leptir – un viaggio di cattivi“ beschrieb „Eine Reise der Schurken" und erinnerte an das ausdrucksstarke Akkordeonkonzert, das Marcus Nigsch 2017 für Goran Kovacevic und das Symphonieorchester Vorarlberg komponiert hat. 
Ein besonderes Geburtstagsgeschenk bescherte Marcus Nigsch den Musikern mit dem Werk „Das Schurkenfest“. In einem strengen kontrapunktischen Satz schuf er eine Komposition, die die Freundschaft der Quartettmusiker hervorragend versinnbildlichte. Das fröhliche Hauptthema beteiligte alle vier Stimmen gleichberechtigt und die melodischen Linien erklangen kunstvoll und anregend ineinander verwoben.

Melancholie und Festtagsstimmung

Die Freude am Auskosten melancholischer Melodien zelebrierten „Die Schurken“ unter anderem mit Henry Purcells Evergreen „When I am laid to Earth“ aus der Oper „Dido und Aeneas“. Mit viel Bedacht aufeinander umspielten die Musiker den chromatischen Abgang des Kontrabasses und ließen einander Raum, um das Lamento zu entfalten. Eine ebenso innige Wirkung verströmte der „Jodler“ von Christian Bakanic, in dem die Musiker den Zusammenklang ihres Quartetts mit vielerlei Klangfarbenschattierungen nuancierten.
Auch die Virtuosität der Musiker nahm beim Geburtstagskonzert Raum ein und alle legten sich mächtig ins Zeug. Doch die größte Aufmerksamkeit lenkten Klarinettenpassagen auf sich, beispielsweise in der virtuos dargebotenen „Masquerade“ von Aram Chatschaturjan oder in Nino Rotas „Amarcord Suite“.
Im Laufe des Abends erhoben sich die Musiker von ihren sitzenden Positionen und wendeten sich immer mehr dem Publikum zu. So entwickelte sich zum Schluss eine ausgelassene Feststimmung, die mit dem titelgebenden Werk „La Vita è bella“ von Nicola Piovani und der souverän gestalteten „Israel-Suite“ von Helmut Eisel ihren Höhepunkt fand. 
Besinnliche und fröhliche Geschichten sowie Dankesworte wurden zwischen die Darbietungen eingestreut. Die unterschiedlichen Charaktere der vier Musiker kamen dabei aufschlussreich und sympathisch zum Ausdruck.
Herzliche Gratulation und alles Gute auf dem weiteren Weg – auf zu neuen Ufern während der nächsten 20 Jahre!

Die Schurken: La Vita è bella | Nieder mit der Schwerkraft – es lebe der Leichtsinn
weitere Aufführungen:
Sa, 18.5., 20 Uhr, Remise, Bludenz
Do, 23.5., 20 Uhr, Bildungshaus, St. Arbogast

www.dieschurken.at