Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 21. Feb 2017 · CD-Tipp

Theo Bleckmann: Elegy

Der aus Dortmund stammende, seit 1989 in New York lebende Vokalist und Komponist Theo Bleckmann hat sich mit seinen extravaganten Konzepten und seiner Experimentierfreude längst einen hervorragenden Namen im Spannungsfeld von zeitgenössischer Musik, Jazz, improvisierter Musik und Performancekunst gemacht. Er erregte mit seinen außergewöhnlichen Interpretationen von Charles Ives-Songs ebenso Aufsehen wie mit seiner gewagten Hommage an Kate Bush, seinem Mitwirken am Kurt Weill-Album der Pianistin Julia Hülsmann oder an diversen Projekten von Meredith Monk. Etwa fünfzehn konzeptionell ambitionierte Alben finden sich in seiner Diskographie, die er mit einer Reihe gleichgesinnter Musiker aufgenommen hat. Häufig waren die renommierten New Yorker Szene-Größen Ben Monder an der Gitarre und John Hollenbeck an den Drums beteiligt, die Theo Bleckmann nun mit zwei jungen Cracks vom Big Apple – dem Kontrabassisten Chris Tordini und dem aus Israel stammenden Pianisten Shai Maestro – für sein ECM-Debut zusammengebracht hat.

Auf „Elegy“ erweist sich Bleckmann einmal mehr als feinfühliger Ästhet und musikalischer Feinspitz, als talentierter Komponist und einfallsreicher Klangmaler. Zwölf Kompositionen, die Tod und Transzendenz thematisieren, hat er wohl auch als Reaktion auf den Tod seiner betagten Mutter zusammengestellt. Ihr hat er mit Stephen Sondheims „Comedy Tonight“ die einzige Fremdkomposition gewidmet, die er mit seinem klaren, geradlinigen und verlangsamten Gesang weg von aller Heiterkeit ins Nachdenkliche überführt. Dasselbe trifft auf seine stimmungsvolle Vertonung eines Zen-Gedichts aus dem 8. Jahrhundert zu, das rät, sich vom Tod nicht beeindrucken zu lassen und einfach im Leben weiterzugehen. Also nicht nur Düsternis, sondern auch Licht am Ende des Tunnels - Bleckmanns Texte zu „Fields“ und „Take My Life“, wozu er sich von der Bach-Kantate „Ich hab genug“ inspirieren ließ, schlagen in dieselbe Kerbe. In zwei Dritteln der Stücke verzichtet der Sänger auf jegliche Lyrics und setzt seine präzise und wandelbare Stimme rein instrumental zur Erzeugung zusätzlicher Klangfarben ein. Denn auf „Elegy“ geht es in erster Linie nicht um die Befriedigung solistischer Eitelkeiten – wenn auch diese exzellenten Musiker durchaus Bemerkenswertes abliefern -, sondern um das Kreieren musikalischer Atmosphäre. Dies geschieht mit großer Intensität und einem sicheren Gespür für das Erfinden und den wirkungsvollen Einsatz stimmungsvoller Klangfarben. Monder, Maestro, Tordini und Hollenbeck reizen in dieser Hinsicht die Möglichkeiten ihrer Instrumente ebenso aus wie Bleckmann jene seiner Stimme. Nicht zuletzt hat auch Produzent Manfred Eicher diesem Album seinen Stempel aufgedrückt, das vielleicht Theo Bleckmanns bislang bestes in einer Reihe bemerkenswerter Produktionen ist.

(ECM/www.lotusrecords.at)