Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Peter Füssl · 04. Jul 2016 · CD-Tipp

Swans: The Glowing Man

Mit diesem Album soll die seit 2010 bestehende Reinkarnation der 1982 gegründeten New Yorker Avantgarde-Rock-Band „Swans“ nach drei herausragenden Veröffentlichungen also der Vergangenheit angehören. Der in alle Richtungen ausufernde, zweistündige Abgesang besteht aus nur acht Titeln – darunter zwei für „Swans“-Verhältnisse formal recht konventionell klingende Stücke, nämlich „People Like Us“ und „Finally, Peace“. Über weiteste Strecken geht Band-Mastermind Michael Gira, verlässlicher Chronist des amerikanischen Albtraums, aber wieder einmal ins Extreme.

Zwar erspart er den Hörern die sich chaotisch dahinschleppenden Noise-Orgien der 1980-er Jahre, aber die Stücke entwickeln sich bis zu einer Länge von knapp dreißig Minuten, müssen erst ausführliche meditative und repetitive Phasen durchlaufen, ehe sie sich filmscoreartig zu vertrauten Rock-Strukturen verdichten und zu Höhepunkten aufbauen, die sich dann in einer Art Katharsis entladen. Man muss sich buchstäblich aus der Zeit fallen lassen, um diese - fast schon – Naturgewalt des eigenartig dahin mäandernden Soundstroms aufnehmen zu können, der in den besten Momenten auch eine eigentümliche Schönheit ausstrahlt. Die unglaubliche Kraft dieser Band habe ihn zumindest an die Existenz einer höheren Gewalt zu glauben gelehrt, so der große Zweifler und Leider Gira, der das Wort LOVE mittlerweile in Großbuchstaben schreibt und zwei längere Songs „Gebete“ nennt. Wie die vom fast schon tauben 62-Jährigen formierten neuen Swans aussehen werden und ob sich nochmals ein entscheidender Stilwechsel ergeben wird, steht noch in den Sternen. Norman Westberg, Christoph Hahn, Phil Puleo, Christopher Pravdica, Thor Harris und Bill Rieflin haben sich jedenfalls mit einem gleichermaßen magischen wie sperrigen Werk, das mit den beiden letzten Studioalben „The Seer“ (2012) und „To Be Kind“ (2014) eine außergewöhnliche Trilogie ergibt, auf eindrucksvolle Weise verabschiedet.

(Mute Artists)