Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Peter Füssl · 18. Sep 2018 · CD-Tipp

Sungjae Son: Near East Quartet

Tenorsaxophonist und Bassklarinettist Sungjae Son und Gitarrist Suwuk Chung haben beide in Boston ihr Handwerk perfektioniert – ersterer am Berklee College of Music mit einem besonderen Interesse an Bebop, Zwölftonmusik und Ornette Coleman, letzterer am New England Conservatory mit Schwerpunkt Fusion und Third Stream. Damals lagen die Interessen der beiden Koreaner zu weit auseinander, aber Jahre später und in die Heimat zurückgekehrt, gründeten sie das Near East Quartet, das seit 2009 in Südkorea Furore macht.

Vor drei Jahren haben sie die Band mit der jungen Star-Drummerin Soojin Suh, die auf dem vorliegenden Album von Sori Choi zusätzlich mit traditioneller koreanischer Perkussion unterstützt wird, und der auch mit schamanistischen Ritualen vertrauten Pansori-Sängerin Yulhee Kim komplettiert. Gemeinsam begeben sie sich auf spannende Soundexpeditionen, in denen die Ingredienzien der Jetztzeit und die traditionellen koreanischen Elemente nicht nur in reizvollem Kontrast nebeneinander stehen, sondern auf organische Weise ineinander verwoben erscheinen, als hätten sie immer schon zusammengehört. Fünf Kompositionen stammen aus der Feder Sungjae Sons, drei Traditionals fügen sich nahtlos in den exklusiven Mix. Der Opener „Ewha“ überrascht mit noisig verzerrter Fusion-Rock-Gitarre, über die Sungjae Son verhallte Saxophon-Klänge legt und sich Drummerin Soojin Suh von ihrer explosiven Seite zeigt. Auf dieses hynotisierende Stück folgt das in sphärische Klänge aufgelöste, von den rhythmischen Akzenten her höchst reduzierte Traditional „Mot“, das durch Yulhee Kims ausdrucksstarke Stimme verzaubert wird. Auch „Baram“ baut auf Stimme und schwebende Klänge, besonders reizvoll die Bassklarinette, wobei das Drums-Percussion-Duo zwar etwas forscher, aber dennoch äußerst sublim agiert. Generell setzt das Quartett erfolgreich auf Feingefühl und Reduktion, selbst ein lauteres Stück wie das Traditional „Pa:do“ bewegt sich in einem durchwegs dezenten Rahmen und entwickelt einen fast schon meditativen Charakter, obwohl Soojin Suh ihre kreativen Trommelkünste ein bisschen exzessiver auslebt. Im finalen „Jinyang“, dem mit sechseinhalb Minuten längsten Stück des Albums, treibt das Near East Quartet seinen außergewöhnlichen Musikmix nochmals zu voller Blüte – beruhigend und spannend zugleich.   

(ECM/www.lotusrecords.at)