Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Füssl · 01. Aug 2016 · CD-Tipp

Steve Gunn: Eyes on the Lines

„Take your time, ease up, look around, and waste the day“ – heißt es im ersten Song, und besser könnte man die Grundstimmung, die durch die neue Platte des aus Pennsylvania stammenden und in Brooklyn lebenden Singer-Songwriters Steve Gunn flutet, nicht auf einen Nenner bringen. Wobei es keineswegs Zeitverschwendung ist, sich von den neun tief in der Americana-Fraktion verwurzelten musikalischen Roadtrips in die endlosen Weiten möglicherweise ohnehin nur noch in Klischeebildern existierender Landschaften entführen zu lassen.

Kunstvoll gedrechselte und dennoch eingängige Gitarrenmelodien, sonnenbeschienene Harmonien und verträumt Psychedelisches laden zum sanften Schwingen in der musikalischen Hängematte ein. Kurt Vile, in dessen Band „The Violators“ Steve Gunn spielt, Jim O’Rourke oder die Westcoast-Helden der 1970er Jahre scheinen manchmal kurz „Hallo“ zu sagen, aber der äußerst produktive Gitarrist und Sänger hat durchaus seinen unverwechselbaren, manchmal hypnotisch wirkenden Stil gefunden – und der ist nicht retro, sondern interpretiert Traditionelles aus dem Geist des zeitgenössischen Indie-Folkrocks heraus. Hier geht es nicht um schwindelerregende Virtuosität, sondern um eine lockerflockige, aber keineswegs simple Attitüde. Eine achtköpfige Band fettet den Sound mit Drums, Banjo, Wurlitzer, Lap Steel, Dobro, Harfe, Bass, Flöte und Orgel durchwegs stimmig auf, aber es ist Steve Gunns Gitarrenspiel, das sich ganz zentral in die Gehörgänge gräbt und – Achtung! – dort kaum mehr herauszubekommen ist.

(Matador/Beggars)