Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Peter Füssl · 23. Okt 2017 · CD-Tipp

Stefano Battaglia: Pelagos

Ein Mann und zwei Klaviere – dieses einfache Setting führte zum äußerst spannenden Piano-Doppelalbum „Pelagos“ des aus Mailand stammenden Pianisten Stefano Battaglia. Ein unpräparierter und ein präparierter Flügel standen im Mai 2016 in der Konzerthalle der in der nordostitalienischen Kleinstadt Sacile angesiedelten Konzertflügel-Manufaktur Fazioli, wo Battaglia an einem Tag im Rahmen einer ausführlichen Morgen-Session ohne Publikum und am selben Abend in Konzertatmosphäre mehrere Stunden seiner musikalischen Phantasie freien Lauf ließ.

ECM-Chef Manfred Eicher destillierte daraus 17 insgesamt 140 Minuten dauernde Stücke und arrangierte sie gemäß einer zwischen lyrischer Schönheit, hämmernder Intensität, bedrohlicher Dringlichkeit und hypnotisch wirkendem Rausch oszillierenden Dramaturgie. Stefano Battaglia wählte als Inspirationsquellen zwei brennende Themen der Gegenwart: Migration und Exil. Darauf nehmen die Titel der durchkomponierten Stücke „Pelagos“, „Exilium“, „Halap“ (= Aleppo) „Migration Mantra“ und „Ufratu“ (= Euphrat) ebenso Bezug, wie jene der Improvisationen, die angesichts Battaglias Formwillen und Gestaltungskraft musikalisch von ersteren ohnehin kaum zu unterscheiden sind. Die einzige Fremdkomposition ist das in zwei Variationen präsentierte, jahrhundertealte, maurisch-andalusische Traditional „Lamma Bada Yatathanna“. Stilistisch schöpft der Pianist aus dem reichen Erfahrungsschatz, den er durch seine Aktivitäten in Klassik, zeitgenössischer Musik, experimentierfreudigem Jazz und freier Improvisation gewonnen hat. Aus den beiden – manchmal auch gleichzeitig gespielten - Klavieren zaubert Battaglia eine Vielzahl an unterschiedlichen Geräuscheffekten und Klangfarben, die mit seinen kreativen formalen Ideen perfekt korrespondieren. Faszinierend!

(ECM/www.lotusrecords.at)