Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Peter Füssl · 03. Okt 2018 · CD-Tipp

Mark Turner / Ethan Iverson: Temporary Kings

Von "magical confluences" und "happy surprises" spricht Pianist Ethan Iverson, wenn es um die konzentrierte und von gegenseitiger Wertschätzung geprägte Zusammenarbeit mit dem Tenorsaxophonisten Mark Turner geht. Die beiden kannten sich zwar schon von Jam-Sessions im New York der 1990-er Jahre und als Mitglieder des Billy Hart Quartets, konnten nun aber erstmal im Duo-Format ihre musikalischen Vorstellungen perfekt umsetzen.

So sind die sechs Iverson- und zwei Turner-Kompositionen alle irgendwo im Spannungsfeld zwischen zeitgenössischer Kammermusik und einer auf Lennie Tristano, Lee Konitz und Warne Marsh basierenden Cool-Jazz-Ästhetik angesiedelt. Naturgemäß passt da Marshs leichtfüßig verspielter, lässig lakonischer, aus dem Jahr 1956 stammender Klassiker "Dixie's Dilemma" perfekt ins Repertoire. Ethan Iverson, der erst letzten Dezember dem 2000 von ihm mitgegründeten populären Trio The Bad Plus den Rücken gekehrt hat, bringt in mehreren Solopassagen seinen unverwechselbaren Stil bestens zur Geltung, wirklich spannend sind aber die inspirierten Dialoge des kongenialen Duos. Sie lassen in jeglicher Hinsicht höchst komplexes Material ausgesprochen elegant und unangestrengt klingen, von einer jazzmäßigen Coolness im besten Sinne des Wortes durchdrungen. Der von Coltrane und Marsh gleichermaßen beeinflusste Turner setzt wie schon in früheren Projekten - etwa seinem Trio Fly oder seinem jüngsten Quartet mit dem Trompeter Avishai Cohen – auf mit perfekter Intonation gekoppelte wohltemperierte Expressivität. Selbst wenn etwa Iversons "Unclaimed Freight" als reichlich schräger Blues daherkommt, geht das Duo vom intendierten Musizierideal nicht ab. Das enorme kreative Potential und die durch die Zurückhaltung eher noch gesteigerte Ausdruckskraft der beiden hält auch ohne übertriebene dynamische Effekte oder exaltierte Einfälle mühelos die notwendige Spannung. Oder vielmehr gerade deshalb – jedenfalls verfügen die "Temporary Kings" im Gegensatz zu vielen marktschreierischen Produktionen über ein absolut zeitloses Potential.

(ECM/www.lotusrecords.at)