Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Peter Füssl · 27. Nov 2017 · CD-Tipp

Maciej Obara Quartet: Unloved

Manfred Eicher gelingt es in großer Regelmäßigkeit, das umfangreiche und erstklassige Stammpersonal seines exzellenten Labels um neue Namen zu bereichern, die selbst nicht ganz unerfahrenen Jazz-Fans unbekannt sind und ihnen beim ersten Hören wohlige Schauer über den Rücken jagen. So einer ist der polnische Altsaxophonist Maciej Obara, der sein immerhin schon neuntes Album nun als Debüt bei ECM vorlegt. Eine weitere lohnende Entdeckung ist auch der klassisch ausgebildete Pianist Dominik Wania, den Obara vor zehn Jahren in einem Projekt des polnischen Jazz-Übervaters Tomasz Stanko kennen- und schätzen gelernt hat.

Komplettiert wird das vitale Quartett durch zwei Norweger, den Kontrabassisten Ole Morten Vågan und den Drummer Gard Nilssen – beide selbst als erfahrene Bandleader fest in der skandinavischen Jazzszene verankert und ein ideales Rhythmusgespann, das für filigrane Kleinarbeit ebenso zu haben ist wie für kraftvoll Exzessives. Die einzige Fremdkomposition des musikalisch abwechslungsreichen Albums ist Krzysztof Komedas „Unloved“, das Titelstück, eine mit drängenden Elementen aufgepeppte Ballade. Die sechs weiteren Titel weisen Maciej Obara als einfallsreichen Komponisten aus, der seine Mitspieler nicht in ein enges Korsett zwängt, sondern ihnen genügend Freiraum lässt, um ihrem Einfallsreichtum Flügel zu verleihen. Deshalb zeigen sie sich etwa in den vorwiegend improvisierten Stücken „Sleepwalker“ und „Echoes“ in ganz großer Form. Letzteres entpuppt sich nach einem expressiven Intro des Pianisten auch als atemberaubende Tour de Force für den kraftvollen Altsaxophonisten, der sich etwa in „Ula“ oder „Joli Bord“ wiederum als überaus gefühlvoller, in die Tiefe gehender Balladeninterpret erweist. Obara und Wania, ein kongeniales Paar, verfügen über ein breites Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten und sind glänzende Techniker, treffen sich aber auch auf einer kreativen und intuitiven Ebene, die weit über das rein Handwerkliche hinausgeht. Von „Unloved“ kann angesichts dieses großartigen Albums mitnichten die Rede sein, aber den Titel „Beloved“ hat ja kürzlich schon Django Bates für sein grandioses neues Album in Beschlag genommen.

(ECM/www.lotusrecords.at)