Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Füssl · 02. Sep 2011 · CD-Tipp

Konitz/Mehldau/Haden/Motian: Live at Birdland

Man kann natürlich an den PR-mäßig verbreiteten „glücklichen Zufall“ glauben, dass ein Aufnahmegerät mitlief, als sich die drei ruhmreichen Jazzlegenden Lee Konitz (Altsaxophon), Charlie Haden (Kontrabass) und Paul Motian (Drums) gemeinsam mit dem auch schon 41-jährigen, aber aus ihrem Blickwinkel wohl als „Jung-Star“ zu bezeichnenden Brad Mehldau (Piano) – ihren prall gefüllten Tournee- und Arbeitsplänen zum Trotz – schnell mal zu einer ad-hoc-Band zusammenschlossen und spontan ein paar Konzerte im normalerweise vermutlich auf Monate hinaus ausgebuchten, weltberühmten New Yorker „Birdland“ gaben, wo sie ganz ohne Setlist aus dem Stegreif diese wunderbaren Standards-Interpretationen hervorzauberten.

Man darf ja auch an den Weihnachtsmann oder an den Osterhasen glauben, aber wie auch immer: der Output dieser Aktion war grandios. Denn hier waren Kenner und Könner am Werk, die sich weder etwas beweisen, noch sich irgendwie in den Vordergrund spielen mussten, sondern der schieren Lust an der musikalischen Interaktion frönen konnten. Allesamt eher Meister der Reduktion als Viele-Töne-Spieler fanden sie zu unaufgeregten, aber mitunter atemberaubenden Interpretationen der Klassiker „Lover Man“, „Solar“, „I Fall In Love Too Easily“, „You Stepped Out Of A Dream“, „Oleo“ und natürlich – no na – „Lullaby Of Birdland“. Hier wird kein Ton zu viel gespielt und jegliches Klischee elegant umschifft. Die eleganten, nach wie vor den „Cool Jazz“ par excellence verkörpernden Melodielinien von Konitz auf dem Altsax, die nahezu logisch-mathematisch aufgebauten und dennoch alles andere als blutleer wirkenden Pianoeinwürfe von Mehldau, der unvergleichlich singende Bass (es muss gesagt sein, auch wenn es ein Klischeesatz ist) von Haden und Motians so einfach wirkende und dennoch kunstvoll vertrackte Rhythmenmalerei passen perfekt zueinander. Den Herren machte es hörbar Spaß, das Zuhören tut es auch – na ja, vielleicht fielen damals ja doch Weihnachten und Ostern auf denselben Tag.
(ECM/Vertrieb: www.lotusrecords.at)