Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Peter Füssl · 02. Nov 2015 · CD-Tipp

Ibrahim Maalouf: Kalthoum / Red & Black Light

Der 35-jährige im Libanon geborene und in Frankreich aufgewachsene Trompeter Ibrahim Maalouf ist dort längst ein Star und rückt seit seiner hervorragenden Miles Davis-Hommage „Wind“ oder seiner Filmmusik zu „Yves Saint Laurent“ auch international immer mehr ins Visier aufgeschlossener Musikfreunde, die sich für erstklassige Sounds im Spannungsfeld zwischen Jazz, arabischer Musik und freier Improvisation begeistern können. Nun legt Maalouf zwei stilistisch sehr unterschiedliche Alben vor, die er all jenen Frauen widmet, die auf ihre Art die Welt und den Lauf der Dinge nachhaltig beeinflusst haben – im Speziellen handelt es sich aber um eine wunderbare Hommage an die legendäre ägyptische Kult-Sängerin Oum Kalthoum, zu deren Beerdigung 1975 rund drei Millionen Bewunderer ihrer einzigartigen Kunst nach Kairo kamen.

Für das Album „Kalthoum“ setzt der in allen Stilen versierte Trompeter und Kalthoum-Fan seit Kindheitstagen auf sein amerikanisches „Wind“-Dreamteam mit Pianist Frank Woeste, Saxophonist Mark Turner, Kontrabassist Larry Grenadier und Drummer Clarence Penn. Gemeinsam mit Woeste hat er den Kalthoum-Klassiker „Alf Leila Wa Leila“ („1001 Nacht“) so arrangiert, dass in der rund 50-minütigen Suite – einer berauschenden musikalischen Expedition – auf geniale Weise die Zusammenführung von arabischer Musiktradition und New Yorker Jazz-History gelingt. Dabei kommt es den Jazz-Cracks naturgemäß sehr entgegen, dass auch bei Kalthoum schon die freien Improvisationen in den oft stundenlangen Stücken eine überaus wichtig Rolle spielten. Das Album hat fast schon einen spirituellen Charakter und klingt – rein auf akustische Instrumente beschränkt – auch eher konventionell im Vergleich zu „Red & Black Light“, das Ibrahim Maalouf den Frauen des 21. Jahrhunderts gewidmet hat. Mit den belgischen Top-Musikern François Delporte an der Gitarre, Eric Legnini an den Keyboards und „Aka Moon“-Drummer Stéphane Galland taucht der auch in Pop-Gefilden tätige Trompeter (er spielte unter anderem schon mit Sting, Elvis Costello oder Vanessa Paradise) tief in die elektr(on)ischen Sounds der Gegenwart ein. In sechs Eigenkompositionen und einer Beyoncé-Bearbeitung („Run The World (Girls“) verbinden sich Funkiges, R&B-Artiges und Pop-Attitüde mit Inspirationen, die Maalouf aus der Beschäftigung mit Oum Kalthoum gezogen hat, und mit den Freiheiten des Jazz. Ein mitreißendes, durchaus auch in die Beine fahrendes Album. Mit diesem Doppelpack katapultiert sich Ibrahim endgültig in die allererste Liga!  (Impulse/Universal)