Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Karlheinz Pichler · 08. Feb 2017 · Ausstellung

„Leben mit Kunst“ als Credo – Das Kunstmuseum Appenzell und das Palais Liechtenstein Feldkirch geben Einblicke in die Sammlung der Mezzanin-Stiftung

Die 1940 geborene Liechtensteinerin Hanny Frick hat bereits in den 1960er Jahren begonnen, Kunst zu sammeln. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte ist die Sammlung mächtig angewachsen. Das Kunstmuseum Appenzell und das Palais Liechtenstein in Feldkirch geben derzeit Einblicke in die Sammlung, wobei die Appenzeller den Schwerpunkt auf die existentiell-expressionistische Tendenz in der Sammlung legen, während in Feldkirch das Material Papier als Bildträger und die Skulptur im Vordergrund stehen.


„Freude an der Kunst hat mich ein Leben lang begleitet. Andere daran teilhaben zu lassen, ist mein Anliegen,“ sagt Hanny Frick. Und gerade wegen dieses „Daran-teilhaben-Lassens“ hat die Sammlerin die Werke in eine Stiftung eingebracht. Der Name der Stiftung, „Mezzanin“, kommt dabei nicht von ungefähr: „Kunst ist das Zwischengeschoss zum Himmel“, erklärt Frick den Hintergrund der Namensgebung. Die Liechtensteinerin trug weit über ein halbes Jahrhundert hinweg Malereien, Plastiken, Zeichnungen, Druckgrafiken und Fotografien, Mappenwerke und Künstlerbücher zusammen, die sowohl von regionalen als auch internationalen Kunstschaffenden stammen. Waren die Werke aus der Mezzanin-Stiftung in der Vergangenheit nur gelegentlich öffentlich zu sehen, so sind sie in den letzten zwei Jahren auf engem geografischem Raum zweifelsohne etwas überrepräsentiert. Denn gerade erst im Sommer 2015 war die große Sonderschau der Art Bodensee der Stiftung Mezzanin gewidmet. Zudem speisten Werke der Sammlung die Ausstellung „Himmelwärts“, die von November bis Ende Jänner in Balzers stattfand. Und nun fokussieren sich mit dem Kunstmuseum Appenzell und dem Palais Liechtenstein in Feldkirch gleich zwei große Häuser, die kaum eine halbe Stunde Fahrzeit auseinander liegen, auf diese Sammlung. An beiden Orten läuft auch ein Dokumentationsfilm über die Sammlerin, den Sebastian Frommelt gedreht hat. Darin bekommt man so weltbewegende Statements zu hören, wie dass Kunst Freude mache und Kunst ein großer Bestandteil unserer Kultur sei.

Besucht man die beiden Ausstellungen, bekommt man etliche großartige Kunstwerke zu sehen, aber auch viel Mittelmaß. Mitunter erhält man den Eindruck, dass Frick ziemlich stark in die Breite gesammelt hat. Ein Kriterium übrigens, das vielfach auch der Sammlung Essl vorgeworfen wurde.

Wunde®n

Zwei der schönsten Arbeiten der Ausstellung im Kunstmuseum Appenzell, die den Titel „Wunde®n“ trägt, finden sich gleich zum Auftakt im Foyer des Hauses. So eine aus mehreren Gipsschichten geformte Halbfigur des Bildhauers Hans Josephsohn (1920-2012) sowie ein in Ockertönen gehaltenes abstraktes Gemälde (Acryl und Leinen auf Tragbahre) von Joseph Marioni (geb. 1943), das mit seinen vielen, lasierend übereinandergelegten Farbschichten einen spiegelnden Bildraum erstehen lässt. Überzeugend sind in den nächsten Räumen die Versuche zur „radikalen Malerei“, etwa von Michael Toenges oder Rütjer Rüle. Oder die Rücken-Selbstporträts des amerikanischen Fotokünstlers und Malers John Complans (1920-2003), dessen großformatige Fotos den eigenen, alternden Körper erbarmungslos unter die Lupe nehmen. Bestechend sind auch die aufwändige, aus unzähligen in koreanisches Maulbeerpapier gewickelten und collagierten Schaumkeilen bestehende „Aggregation“ des südkoreanischen Künstlers Chun Kwang-Young (geb. 1941), sowie das Ölbild „Spiegelung – Melun“ von Velimir Ilišević und die Acryl- und Collage-Arbeiten von Martin Frommelt. Auch Vorarlbergs Künstlerschaft ist hier gut vertreten. Neben einer feinen Serie von Selbstporträts von Edmund Kalb und einem „scan.portrait“ von Gerold Tagwerker, in dem sich der Betrachter selber spiegelt, sind auch Arbeiten von Franz Gassner, Gert Gschwendtner sowie Annemarie Jehle zu sehen. Gemäß dem aufliegenden Beiblatt hat Kurator Roland Scotti bei seiner Auswahl aus der Sammlung einen besonderen Wert darauf gelegt, einen Rundgang, ein Narrativ zu entwickeln, bei dem weniger auf das Einzelstück fokussiert wird, „sondern eher die Dringlichkeit und das Wesentliche ästhetischer Formulierung“ betont wird.

Die Frick Kollektion

Die im Palais Liechtenstein gezeigte Auswahl aus der Sammlung Mezzanin wurde von Arno Egger zusammengestellt. Unter dem Titel „Die Frick Kollektion“ setzt er die Akzente auf Papierarbeiten und Skulpturen. Und auch der Feldkircher Teil der Mezzanin-Sammlung beginnt mit einem Knaller, hängt doch bereits im Stiegenaufgang mit „Sweet Old World“ eine großformatige Papierarbeit des berühmten britischen Land-Art-Künstlers Richard Long (Carborundum auf Papier). Im Foyer stößt man dann zunächst auf einen „Findling“: Eine Baumstammskulptur, die Frick in Texas gefunden und nach Europa ausfliegen lassen hat. Weiters in diesem Raum eine skultpurale Wandarbeit von Annemarie Jehle sowie eine Serie gefühlvoller Kohlezeichnungen des deutschen Kunstschaffenden Herbert Falken, die die menschliche Kreatur thematisieren. Im nächsten Raum ist eine Wand mit barock gehängten Zeichnungen und Fotografien, unter anderem von Maria Lassnig, Walter Dahn, Nesa Gschwend, Markus Gohm und auch vom Kurator selbst. In den weiteren Sälen dann etwa eine „Suite“ von zehn Zeichnungen des Amerikaners Jill Baroff, Grafiken von Brice Marden (USA) und Johannes Gachnang (Schweiz) und eine aus sechs Blättern bestehende, monumentale Stahlradierung-Installation, die unter der Überschrift „Urlandschaft“ Einblicke in ein Schädelinneres gewährt. Ergänzend dazu afrikanische Figuren und Masken sowie Skulpturen von Willi Sieber, Markus Strieder, Paul Grass und Jean-MariePerdrix.

Die Frick-Schau ist übrigens die vorerst letzte Ausstellung im Palais Liechtenstein. In den nächsten zwei Jahren will die Stadt Feldkirch das ehrwürdige Haus nämlich für 1,88 Millionen Euro renovieren und für die Feierlichkeiten anlässlich „800 Jahre Feldkirch“ herausputzen.

 

Die Frick Kollektion
Palais Liechtenstein, Feldkirch
bis 5.3.2017
Mi-Fr 16-19, Sa u. So 10-13
http://www.palaisliechtenstein.at


Wunde®n
Kunstmuseum Appenzell
bis 7.5.2017
Di-Sa 14-17, So 11-17
www.kunstmuseumappenzell.ch