Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Karlheinz Pichler · 18. Nov 2015 · Ausstellung

Wenn sich das Kollektiv gemeinsam auf Pinsel, Stift und Kleber stürzt – Das Isolation Camp zu Gast im Feldkircher Palais Liechtenstein

Nach 2013 ist derzeit, eingebettet in das neue Feldkircher Event-Format „Potenziale“, zum zweiten Mal eine Gruppe von Kreativen präsent, die sich immer wieder in ein „Isolation Camp“ fernab aller digitaler Technik und städtischer Störgeräusche zurückzieht, um gemeinsam an Bildern, Collagen und Zeichnungen zu arbeiten.

Wenn ein frischer Wind durch die ehrwürdigen Gemäuer des Palais Liechtenstein in Feldkirch weht, dann heißt dies nichts anderes, als dass das Isolation Camp mit seinen bunt zusammengewürfelten Kreativleuten und Kulturschaffenden hier wieder Station macht. Das Isolation Camp geht auf eine Initiative des Batschunser Grafikers und Fotografen Tobias Ludescher zurück. 2010 trommelte er erstmals seine kreativ tätigen Freunde aus allen Himmelsrichtungen zusammen, um sie im Hammerer Stall in 800 Meter Meereshöhe mit Blick über das gesamte Vorarlberger Rheintal zu einer Art temporären XXL Wohngemeinschaft zu verschmelzen und mit ihnen gemeinsam Kunst zu machen. Sechs Camps haben bislang stattgefunden. Mittlerweile gibt es sie auch im Tiroler Lechtal, und seit der Maler Paul Riedmüller als weiterer Organisator dazu gekommen ist, auch in der Steiermark. Isolation bedeutet in diesem Fall allerdings nur eine Abkapselung nach außen. Nach innnen wird fleißig vernetzt, kommuniziert und produziert. Man malt, zeichnet, musiziert, chillt, kocht und wäscht in der Gruppe und lässt den rasenden Alltag, die digitalen Poltergeister und die banalen Ablenkungen, die einem das tägliche Leben versauern, außen vor. Ausbruchsmöglichkeiten gibt es nur in der Natur.

Alle Talente vereint


Eines der Ziele Ludeschers war es, dass die Gruppe auf kollaborativem Wege Kunstwerke erstellt, die dann im Nachklang der Camps, die im Schnitt fünf bis zehn Tage dauern, in Galerien und Kunsträumen gezeigt werden. Wichtig dabei ist, dass alle Beteiligten, die in unterschiedlichsten Branchen wie Film, Fotografie, Grafik, Kunst, Musik, Tontechnik oder Illustration zu Hause sind, all ihre Talente in einen „gemeinsamen Topf“ werfen, von dem dann alle Nutzen davon ziehen können.

Insgesamt haben sich in den letzten Camps an die 70 Kreative aus dreizehn Ländern fernab jeglichen Alltags- und Mediengetöses zusammengefunden und via Teamwork über 230 Kunstwerke geschaffen. Diese alle sind nun in Feldkirch zu bestaunen. Die Arbeiten sind nicht signiert, da sie ja zumeist in der Gruppe entstanden sind. Aber es hängen Schilder neben den Werken, die bezeichnen, wer alles am Entstehen des betreffendes Bildes oder einer Zeichnung beteiligt war.  Mit diesen Hilfestellungen findet man aber schnell einmal einige Vorlieben der Camper heraus. So ist etwa der Mailänder Galileo Sironi offenbar ein leidenschaftlicher Collagist, während wiederum beispielsweise Lukas Goller oder Paul Riedmüller exzessive Maler sind.

Ludescher sieht sein Projekt nicht zuletzt auch als soziales Kunstexperiment, das sich sukzessive ausbreiten soll. Er will es mehr und mehr Leuten näherbringen und künftig auch in andere Länder „exportieren“.

 

Isolation Camp
Camper: Michael Hacker, Andres Jensen, Lukas Goller, Paul Riedmüller, Max Freund, Boris Tücking, Galileo Sironi, Guido Agnese, Carmen Treichl, Jakob Winkler, Elia Maxim, Bernd Pegritz, Francois Ferst, Sean Kelley, Anna Steirer, Kevin Klamminger, Rafael Ludescher, Julia Wohlfahrt, Tobias Ludescher u.v.m. 

Palais Liechtenstein, Feldkirch
Bis 6.12.2015
Mi-Fr 16-19
Sa u. So 10-14