Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Anita Grüneis · 11. Mai 2016 · Ausstellung

Liechtenstein im Krieg? 150 Jahre Geschichte!

Liechtenstein beleuchtet seine Kriegszeiten. Das klingt seltsam, ist aber dank einer Ausstellung sehr aufschlussreich. Denn wer weiß schon, dass ein Liechtensteiner Militärkontingent für Österreich in Italien kämpfte. Oder dass eine Feldkircherin deshalb böse Gerüchte in die Welt setzte? «1866 – Liechtenstein im Krieg – Vor 150 Jahren» heißt die Sonderausstellung im Liechensteinischen Landesmuseum. Sie dauert bis 11. September 2016.

Verantwortlich für den Krieg?


Vor 150 Jahren wurden 30 Staaten – dazu gehörte auch Liechtenstein – in den Krieg gerissen“, erläutert Kurator Peter Geiger die damalige Situation. Preussen hatte Schleswig-Holstein annektiert, darüber beschwerte sich Österreich. Bei einer Abstimmung über eine Mobilisation gegen Preussen gab es in der 16. Kurie (einer Stimmgruppe einiger kleiner Staaten, insgesamt gab es 17 Kurien) zwei ablehnende Stimmen und zwei befürwortende Stimmen. Der Liechtensteiner Gesandte Freiherr von Linde hatte – in Anlehnung an Österreich – dafür gestimmt. Das empörte Bismarck, der nun behauptete, das Abstimmungsergebnis sei gefälscht und Liechtenstein mit seinen 6'000 Seelen habe den Krieg zu verantworten.

Ein Mann mehr


Das Liechtensteiner Kontingent wurde dann dem österreichischen Kaiser zur Verfügung gestellt. Er schickte die Liechtensteiner an die italienische Grenze, wozu Franziska Rheinberger in Vaduz ein übles Gerücht in die Welt setzte. Sie behauptete, man habe dem Liechtensteiner Landesverweser 20'000 Gulden gegeben, damit nicht Feldkircher, sondern Liechtensteiner in den Krieg ziehen müssen. Dafür bekam sie vier Wochen Arrest. Die 80 Liechtensteiner Soldaten kamen übrigens alle wieder unversehrt zurück und brachten sogar noch einen Mann mehr mit. Zwei Jahre später, 1868, löste Liechtenstein sein kostspieliges Militär auf.

Die Schlacht bei Königgrätz


Empfangen werden die Besucher von je zwei Herren in Uniform hinter Glas, die Herren sind nicht echt, die Uniformen schon! Eine von ihnen gehörte Hauptmann Peter Rheinberger, Kommandant bis 1868. Die heutige Uniform der Harmoniemusik Vaduz ist übrigens eine Nachbildung dieser historischen Uniform. Die beiden Soldaten hinter Glas stehen vor einem riesigen Wandbild, das die Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 zeigt, bei dem etwa 200’000 preussische Truppen rund 190'000 österreichischen und 20'000 Sächsischen gegenüber standen. Ein gigantisches Schlachtenbild! Einige Szenen daraus sind als Einzelbilder herangezoomt. Auch das Kriegsgerät wird gezeigt. So ist ein Vorderlader Gewehr des Liechtensteiner Militärkontingents zu sehen mit Bajonett.

Zeit des Aufbruchs


Die Zeit um 1866 war für Liechtenstein aber ganz allgemein eine Zeit des Aufbruchs. Bedingt durch die konstitutionelle Verfassung von 1862 folgte eine Kaskade von neuen Gesetzen. Im kulturellen Bereich gründete sich 1853 die Triesenberger Geigenmusik und 1863 die Blechmusik Vaduz. Die Eisenbahnbrücke zwischen Schaan und Buchs wurde gebaut, erste Industrien nahmen ihren Betrieb auf und es gab eine erste Zeitung! Die Liechtensteiner Landeszeitung hatte vier Seiten und erschien alle zwei bis drei Wochen. Sie berichtete über das lokale, regionale und internationale Geschehen. In der Ausstellung sind einige Kuriositäten daraus auf einer Litfasssäule nachzulesen. Da heißt es zum Beispiel: „Auf einem im St. Galler Tagblatt eingerücktem Heiratsantrag einer angeblich 19-jährigen, gebildeten Tochter mit angenehmen Äußeren und 40'000 Fr. barem Vermögen sind über 70 Anmeldungen mit Photographien eingegangen.“

Amerika und Seidenraupen


Ob die Dame damit erfolgreich war, ist nicht bekannt. Es stimmt schon, was die Liechtensteiner Landeszeitung am 5. Januar 1867  schrieb: „Das Jahr 1866 wird nicht so leicht vergessen. Es war ein Revolutionsjahr (...) Kronen und Staaten hat der Sturm hinweggefegt.“ Liechtenstein aber war von 1866 an wirklich souverän. „Und schwach“, wie Peter Geiger sagte. Viele sind damals wegen der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse nach Amerika ausgewandert. Viele sind aber auch geblieben und haben sich organisiert. Auch darüber berichtet die Ausstellung, die ein interessanten Zeitabschnitt der Liechtensteiner Geschichte beleuchtet. Denn wer weiß schon, dass damals Seidenraupen gezüchtet wurden, für die etliche Maulbeerbäume gepflanzt werden mussten. Einige Kokons aus dieser Zeit sind in der Ausstellung zu sehen!