Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Karlheinz Pichler · 28. Apr 2015 · Ausstellung

Köpfe und Kopflose - Arbeiten von Rainer Wolf im Cubus Wolfurt

Der Kulturkreis Wolfurt richtet anlässlich des 75. Geburtstages von Rainer Wolf im Cubus Wolfurt eine Ausstellung ein, die Einblicke in das aktuelle Schaffen des vor allem als Zeichner und Porträtist bekannt gewordenen Künstlers gewähren.

Rainer Wolf, der 1940 in Imst zur Welt kam und in Wolfurt heimisch wurde und dort von 1973 bis 2005 eine eigene Apotheke führte, arbeitet in großangelegten Serien. An seinem Zeichnungszyklus, in dem er die Strukturen ausgefallener Motive der Natur, wie etwa von überfahrenen und vertrockneten Fröschen oder halbverwesten und zerfransten Ahornfrucht-Propellern offenlegt und ins Überdimensionale vergrößert, arbeitet er bereits seit einem Vierteljahrhundert. Ebenfalls seit Jahren zeichnet und malt er spezielle Porträts von bekannten und unbekannten Personen. Das jüngste Beschäftigungsfeld ist die dreidimensionale Ausformung von kopflosen Figuren aus Maschendraht. Hier ist er vorerst beim fünften Modell angelangt. Diese neueste Figur ist zusammen mit den vier davor entstandenen in der Foyer-Galerie des Cubus‘ zu sehen. Wolf hat hier eine Art „Black Box“ eingerichtet. Einzig die Decke ist weiß. Die Figuren baumeln wie ein Mobile in diesem schwarzen Raum. Von Ventilatoren in Bewegung gehalten und von unten her von einem Projektionslicht angestrahlt, entfaltet sich an der weißen Decke ein abwechslungsreiches Spiel aus Licht und Figurenschatten.

Gläsern und kopflos

„Wir werden vom Computer beherrscht und dadurch zusehends kopflos“, begründet der Künstler den Umstand, dass seine skulpturalen Menschen gleichsam enthauptet in der Luft schweben. Die Verwendung von Maschendraht soll zusätzlich symbolisieren, dass der Mensch, der überall seine digitalen Spuren hinterlässt, immer gläserner wird und in der digitalen Vernetzung neuen Abhängigkeiten ausgesetzt ist. In der filigranen grafischen Qualität, die von den „Hasengittern“ ausgeht, sind auch durchaus Parallelen zu den Röhrchenfedern zu sehen, die das bevorzugte Arbeitswerkzeug Wolfs für seine „Naturzeichnungen“ sind.

Der Künstler greift für die Entwicklung dieser Röhrchenfederzeichnungen, von denen im Cubus eine schöne Auswahl zu sehen ist, oft auch zum Mikroskop. Es hilft ihm, die Strukturen und Formen zu erfassen, die dem normalen Blick ansonsten verborgen bleiben. Wolf zeigt, dass auch Unbeachtetes, wie etwa ausgetrocknete Samenkörner und Blütenstände, die der Wind zufällig an eine Mauer geweht hat, oder weggeworfene Dattelkörner, oder ein zertretenes Blatt durchaus spektakulär „gebaut“ ist. Der Künstler holt mit akribischer Genauigkeit und großer Kunstfertigkeit das Unprätentiöse an die Oberfläche und verweist auf das Besondere, das im Bedeutungslosen steckt. Oft wiederholt er ein Motiv aufs Vielfache in einer Zeichnung, und es entstehen etwa eine „Chililawine“ oder eine „Beetle Battle“.

Doppeldeutige Porträts

Bei seinen Acryl-Porträts geht Rainer Wolf zunächst von einer Fotografie aus, jedoch versucht er stets, die dargestellte Person nicht einfach nur malerisch abzukupfern, sondern vor allem eine innere Wesentlichkeit zu verstehen oder zu erwischen. Seine Porträts sagen etwas Existenzielles über das Leben aus und leben häufig von bewusst zusätzlich eingesetzten Anspielungen, die sich einer eindeutigen Interpretation entziehen. Die Porträts sind doppeldeutig. Sie befinden sich in Konstellationen, die der Künstler den Personen „anhängt“. Beim Porträt des Schriftstellers Arno Geiger etwa bildet der in Graffiti-Manier gemalte Schriftzug von dessen Roman „Es geht uns gut“ den Hintergrund. Über diesem typografischen Einschub ist ein russischer Panzer erkennbar. Dazu muss man wissen, dass der preisgekrönte Roman Geigers zeitlich mit der russischen Teilbesetzung Wiens seinen Ausgangspunkt nimmt. Der Künstler hält einen scheinbar flüchtigen Augenblick malerisch fest und lässt das Bild durch zusätzliche Aufladungen zur Bühne werden.

 

Rainer Wolf: Kopflose Menschen
Cubus Wolfurt
30.4.-10.5.2015
Vernissage: 29.4., 19.00
Di-Sa 16-19, So 10-12 u. 16-19