„Kaffee und Zucker?“ Dokumentartheater im TAK in Liechtenstein © Pablo Hassmann
Karlheinz Pichler · 28. Jul 2020 · Ausstellung

Die Johanniterkirche Feldkirch: Die Verortung einer magischen Stätte aus unterschiedlicher Perspektive

In der Feldkircher Johanniterkirche wird seit nunmehr 25 Jahren zeitgenössische Kunst präsentiert. Kurator Arno Egger hat das Jubiläum zum Anlass genommen, ein Buch über diesen magischen Ort, dessen Boden nach den Ausgrabungen Anfang der 1980er Jahre immer noch offen und zur Bühne zahlreicher Ausstellungen geworden ist, zu publizieren. Co-Herausgeberin des im Eigenverlag der Johanniterkirche erschienenen Werkes ist die Kommunikationsspezialistin und Autorin Karin Guldenschuh.

Der Intention der Herausgeber folgend handelt die Publikation aber nicht einfach nur retrospektiv das Ausstellungsgeschehen im letzten Vierteljahrhundert ab, sondern es begibt sich auf eine Spurensuche, die sich der Kirche, die im Jahre 1218 von Hugo I. von Montfort dem Johanniterorden zum Geschenk gemacht wurde, von unterschiedlichsten Perspektiven aus annähert.
So untersucht etwa Bischof Benno Elbs die Rolle der Kunst im Sakralraum aus theologischer Sicht, während sich Nadine Alber-Geiger aus dem Blickwinkel der Archäologin mit der historischen Stätte auseinandersetzt. Alber-Geiger bekam fast 34 Jahre nach Abschluss der Grabungen mehr oder weniger per Zufall Zugang zu jenem Teil der Dokumentation, die der damalige Ausgrabungsleiter erstellt hat und die in der Kartause Mauerbach, einer Außenstelle des Bundesdenkmalamtes bei Wien, eingelagert war. Ihr Fazit: „Der älteste Vorgängerbau aus romanischer Zeit lässt sich im Kirchenschiff lokalisieren. Seine Erbauungszeit lässt sich aber nicht genau datieren. Auch der Ort des Grabes des Kirchenstifters Hugo I. von Montfort, der die Kirche 1218 der Johanniterorden zum Geschenk machte, ist weiterhin nicht zu klären. Die in der Johanniterkirche 1984 gefundene Grabplatte mit dem Wappen der Montforter wurde wahrscheinlich stellvertretend für das Original verwendet und während diverser Umbauphasen immer wieder auf das jeweils neue Begehungsniveau gebracht.“
Eine historische Zeitreise durch die Jahrhunderte, angefangen bei Hugo I. von Montfort bis zum Beginn der Ausgrabungen in 1980er Jahren, entwirft im Buch der ehemalige Vorarlberger Landesarchivar Alois Niederstätter. Und der Schauspieler Dietmar Nigsch erinnert sich an seinen Auftritt als Judas vor 25 Jahren. Neben einer Reihe weiterer Beiträge analysiert der Kunsthistoriker und Kunsthaus-Bregenz-Chef Thomas D. Trummer die gemeinsamen Ausstellungen des KUB und der Johanniterkirche.

Ein Ort, der die Künstler fordert

Als Ort für kulturelle Veranstaltungen entdeckt wurde die Johanniterkirche vom Schauspieler und Theatermacher Dietmar Nigsch. Zusammen mit seinem Ensemble führte er 1995 das aus der Feder von Walter Jens stammende Theaterstück „Ich, ein Jud“ auf. Eva Jakob (1934–2017) ließ sich von der Einzigartikeit der Location anstecken, kontaktierte den damaligen Diözesanbischof Klaus Küng und fragte ihn, ob sie die Kirche fortan mit zeitgenössische Kunst bespielen dürfe. Küng, der von 1989 bis 2004 als Bischof in Feldkirch amtete, blockte das Ansinnen zunächst aber ab. Auf Vermittlung von Diözesanbaumeister Rudolf Lampert kam es in der Folge zu einem zweistündigen Gespräch zwischen Bischof Küng und dem Bregenzerwälder Bildhauer Herbert Meusburger. Im Zuge dieses Meetings konnte Meusburger den Bischof davon überzeugen, dass die Kirche, die ja in früheren Zeiten eine zentrale Auftraggeberin für die Kunst war, viele Sympathien zurückgewinnen könne, wenn er die Johanniterkirche für Kunstausstellungen frei geben würde. Damit war das Eis praktisch geschmolzen und Küng gab grünes Licht. Für die erste Bespielung dieser einzigartigen Stätte, die gleichsam eine Verschränkung von sakralem Raum und Baustelle ist, lud Eva Jakob noch im selben Jahr, also 1995, die Vorarlberger Steinbildhauerin Caroline Ramersdorfer ein. Unter Jakobs Engagement entwickelte die Johanniterkirche als Ort zeitgenössischer Kunst rasch eine Strahlkraft, die weit über die Grenzen des Landes hinausreichte. Neben Vorarlberger Kunstschaffenden gelang es ihr, teils auch in Kooperation mit dem Kunsthaus Bregenz (KUB), Leute nach Feldkirch zu bringen, die zur absoluten internationalen Weltelite zählen. Beispielsweise Jenny Holzer, Anish Kapoor oder Michael Craig Martin. Ab 2011 übernahm dann der Feldkircher Künstler und Designer Arno Egger die Programmverantwortung für die Johanniterkirche. Er setzte dabei ganz auf Kontinuität und pflegte ebenfalls den Mix aus Regionalität und Internationalität. Unter seiner Ägide entwickelten unter anderem der Lichtkünstler Boris Petrovsky, Carol Wyss oder David Pountney Installationen, die auf ein enormes Besucherecho stießen.
Trotz eines schmalen Ausstellungsbudgets gelingt es Egger heute immer noch, Spitzenkünstler in die Montfortstadt zu lotsen. Dass die Richtung stimmt, belegen die rund 30.000 Besucher, die den Raum alljährlich besuchen.
Die Vielschichtigkeit, mit der sich die Herausgeber des Buches diesem Ort auf die Spur setzen, verdichtet sich im Hinblick auf dieses Juwel inmitten der Feldkircher Altstadt zu einem nachhaltigen Statement.

Das Buch kostet 35 Euro und ist beim Kulturreferat der Stadt Feldkirch erhältlich. Es kann aber auch online über die neue Website der Johanniterkirche bestellt werden: www.johanniterkirche.at