Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Karlheinz Pichler · 12. Mai 2013 · Ausstellung

Hotdog mit Senf und Postkarten-Souvenirs – David Murray und Gerhard Klocker in der Dornbirner Galerie C.Art

Mit Gerhard Klocker und David Murray zeigt die Dornbirner Galerie C.Art derzeit zwei fotografische Positionen, die konzeptionell und formal sehr unterschiedlich angelegt sind. Die Ausstellungen „Souvenirs“ (Klocker) und „All you want“ (Murray) sind daher auch eher als zwei Einzelausstellungen zu lesen, denn als eine Gemeinschaftsschau. Das wird auch durch die räumliche respektive stockwerkliche Trennung der beiden Statements demonstriert, auch wenn sich die beiden Fotografen für einmal einem ähnlichen Thema widmen, nämlich der Behauptung des Klischees in Alltag, Werbung und Freizeit.

David Murray, 1962 in Glasgow geboren und seit vielen Jahren in Dornbirn zu Hause, setzt sich unter anderem mit der Doppelbödigkeit idyllischer Konsumlandschaften auseinander, die zwischen kitschiger Schönheit und tiefer Abgründigkeit angesiedelt sind. Murray stört und zerstört Scheinidyllen oft auf verschiedene Art und Weise. Etwa indem er Flugzeuge in Wohnbereiche abstürzen lässt, oder der Liebesromantik den Boden unter den Füßen wegzieht, indem er einer „Traumhochzeit“ in Weiß eine banale Waschmittelwerbung entgegenhält, oder Hotdogs mit Senf in verklärter Anmut und gleichwohl als Fastfood verspottend visualisiert. Murray schürft die Verlogenheit und Fragwürdigkeit, aber auch die hypnotische Schönheit der Erzeugnisse der Reklamindustrie ans Tageslicht.

Verloren im Paradies


Murray zeigt in der C.Art keine großformatigen Fotografien, sondern anhand von mittelformatigen Beispielen gewährt er dem Beitrachter Einblicke in Serien wie „Love Story“, „Falling down“, „Amplifier“, „Lost in Paradise“ oder Las Vegas, denen er sich in den vergangenen Jahren widmete.

Der schottische Fotokünstler ist voll und ganz der inszenierten Fotografie verhaftet. Seine Bildmotive werden im  Atelier kreiert und konstruiert. Dabei geht Murray vor wie ein Modellbauer. Ähnlich den Modelleisenbahnbauern errichtet er miniaturisierte Stadt- und Bergwelten, idyllische Szenerien, Fast-Food-Landschaften oder Wohnräume, die an Puppenhäuser erinnern. Zumeist kreisen die Themen, die Murray mit seinen „Bühnenwelten“ anschneidet, um Konsum, Natur,  Künstlichkeit, Schönheit und Verführung. Wobei Murrays Bildkosmos immer zweischneidig ist. Das gilt auch für seine „Sehnsuchtsbilder“ aus den Zyklen „Lost in Paradise“ oder „Amplifier“. Romantische Palmen- oder Berglandschaften werden von düsteren, bedrohlichen Wolken- und Sturmkonstellationen überlagert. Die Idylle ist stets trügerisch.

Neben den Fotografien, für die Murray längst großen Bekanntheitsgrad erlangt hat, zeigt er in der C.Art aber auch noch skulpturale, kleinformatige Wandarbeiten. Da es für ihn immer schwieriger wird, das für seine fotografischen Zwecke geeignete analoge Filmmaterial aufzutreiben, hat er sich in letzter Zeit immer häufiger solchen Objekten gewidmet. Mittlerweile sind über 300 solcher Werke entstanden. Sowohl werktechnisch als auch thematisch stehen sie in enger Verbindung zu den Fotoserien respektive deren Bühnenmodellen als Ausgangspunkt.

Spiel mit der Postkartenidylle

Gerhard Klocker, 1962 in Hard geboren und auch als Filmer und Musiker (als Bandmitglied von Gordon Blue) unterwegs, hat für seinen Beitrag „Souvenirs – 42 imaginery postcards“ europäische Städte wie London, Paris, Athen, Venedig oder Rom besucht. Bei seinen Postkarten-Fotos handelt es sich um „stilisierte, intime, gefälschte, gestellte, gesuchte, allgemeine, fiktive persönliche und mögliche allgemeine Erinnerungen an Orte und Situationen, die jeder gemacht, gesehen, erlebt und fotografiert haben könnte,“ wie der Fotokünstler selber beschreibt. Ein klassischer Badesteg am Strand von Nizza, der Canale Grande, der Zeus-Tempel in Athen, eine Bistro-Idylle am Pariser Montmartre: Lauter Motive, die längst in unser kollektives Gedächtnis eingraviert sind. Motive, die die meisten Leute von eigenen Reisen, Filmen oder Zeitungsartikeln her kennen. Der Raum, in welchem Klocker die auf alt und vergilbt gemachten Postkartensujets präsentiert, ist braun tapeziert und vermittelt eine heimelige Wohnzimmeratmosphäre. Jede dieser im Einheitsformat von 9 mal 13 Zentimetern abgezogenen Fotografien ist individuell gerahmt.

Klocker, der immer wieder durch bibliophile Fotobücher zu begeistern weiß – Beispiele aus der Vergangenheit wären etwa „Cuts“, „Unsweetened“ oder das aufwändig gestaltete Japan-Buch „12 images of japan“  - versetzt den Betrachter in die Lage, die Arbeiten als nostalgische und sentimentale Kost zu verdauen, und verweist damit auf die Zeitlosigkeit bestimmter Sujets. Der Künstler beschäftigt sich anhand dieser 42 „Souvenirs“ also auch mit den Begriffen Ort und Zeit, die in der Fotografie immer schon eine zentrale Rolle eingenommen haben. Das Heute und Gestern, das Hier und Dort hinterfrägt er mit einer Gestik, die von Ironie und spielerischem Ernst getragen wird.

Gerhard Klocker: „Souvenirs - 42 Imaginary Postcards“
David Murray: „All you want“

Galerie C.Art, Dorbirn
Bis 8.6.2013
Di-Fr 9-12 u. 15-18, Sa 10–12
od. nach tel. Vereinbarung
http://www.c-art.at