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Karlheinz Pichler · 15. Nov 2014 · Ausstellung

Der Alltagswahn und seine poetischen Ausritte - Katharina Kessler in der Feldkircher Galerie Sechzig

Die aktuelle Ausstellung in der Feldkircher Galerie Sechzig ist der 1982 in Schruns geborenen und heute in Wien lebenden und arbeitenden Künstlerin Katharina Kessler gewidmet. Unter dem Titel „A few dazed strokes“ zeigt sie Arbeiten, in denen sie Bildfragmente, die sie aus Alltagstragödien genauso entlehnt wie der Trivialkultur und der persönlichen Phantasie, zu teils knalligen, aber auch poetischen Szenerien verwebt.

Gerold Hirn hat die Galerie Sechzig im Jahre 1989 in Feldkirch gegründet. Jetzt, 25 Jahre und 160 Ausstellungen später, zieht er den Schlussstrich. Die gegenwärtige Schau mit Werken der talentierten, noch sehr jungen Künstlerin Katharina Kessler sei die letzte Aktion der kommerziell betriebenen Galerie. Das heißt aber nicht, dass er die Schauräume versiegen wird. Nein, er will mit seiner Frau Sabine einen Kulturverein gründen und ohne Druck von außen kulturelle Veranstaltungen jeglicher Art durchführen. Das können Lesungen genauso sein wie musikalische Aufführungen, Bilderausstellungen oder Vorträge. Auch karitativen Zwecken wollen sich die Hirns nicht verschließen.

Zwischen Skurrilität, Phantasie und Verstörung


Es ist ein eigenartiger Zufall, dass Gerold Hirn die Galerie Sechzig seinerzeit mit einer Ausstellung von Christian Ludwig Attersee eröffnet hat und nun mit Kessler, eine Schülerin von diesem, den Abschluss der Galerientätigkeit markiert. In der phantasievollen Befrachtung des Bildraumes mit malerischen Geschichten, die zwischen Poesie, Traum und knallharter Wirklichkeit, zwischen Skurrilität und Verstörung changieren, ist zwischen Attersee und Kessler denn auch durchaus eine gewisse Verwandtschaft erkennbar. Aber nur, wenn man diesen Zusammenhang kennt. Prinzipiell hat Kessler in der Art, wie sie Elemente aus der Alltagskultur, dem persönlichen Empfinden und der Fiktion aus einer ironischen Distanz zu neuen Wirklichkeiten zusammensampelt, bereits jetzt eine unverkennbare eigene Handschrift gefunden.

Schrei der Farben


Das Interesse am künstlerischen Experiment wie auch am Spielerischen, das in der Umsetzung auch vor bedrohlichen, düsteren und tragischen Themen nicht Halt macht, spricht aus allen Werken Kesslers. Offenkundig ist eine Vorliebe für schrille, laute Farben, von Pink bis Giftgrün, die in Kontrast zu dunklen, bedrückenden Farbräumen stehen. Die Verletzung der Leinwand, die "Filettierung" von Motiven, Spuren von Farbrinnsalen und der Einsatz von Collage-Techniken zählen zum Standardrepertoire der Künstlerin, die aus dem Montafon stammt.

Wenn in einem Bild wie etwa "Your poison was my passion" ein überdimensionaler Fußball in Kontrast zu einem im Vergleich dazu zwergenhaften Flamingo und schwarzbestrumpften Frauenbeinen, die vor einer Mosaiksteinchenwand baumeln,  steht, dann wird die Vorstellungskraft der Betrachter kräftig angekurbelt. Wenn sich Surrealismus- und Popart-ähnliche Diktionen mit neuem technischen Reservoir paaren und Bildfetzen aus der Realität mit solchen aus der Märchen und Traumwelt kopulieren, dann sind den narrativen Phantasien keine Grenzen gesetzt. Dass die Narration bei Kessler eine zentrale Position einnimmt, dafür sprechen auch ihre Anlehnungen bei den Bildtiteln an SchriftstellerInnen wie etwa Michael Ende oder Emily Dickinson.

 

Katharina Kessler: "A few dazed strokes"
Galerie Sechzig, Feldkirch
Bis 28. November
Mi u. Fr 14-18, u.n.tel. Vereinbarung
www.hirn.cc