Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Peter Niedermair · 28. Nov 2015 · Ausstellung

... ich komme von den Wölfen - WolfGeorg im Küefer-Martis-Huus in Ruggel

Am 27. November 2015 wurde im Küefer-Martis-Huus im liechtensteinischen Ruggel eine Ausstellung mit Objekten und Bildern des vorarlbergischen Künstlers WolfGeorg eröffnet. Peter Niedermair hielt folgende Eröffnungsrede:

WolfGeorg (Georg Fitz) ist der gefährlichste Künstler des Landes. Seiner Ansicht nach stammt er vom Wolf ab, zu dem er eine tief verwurzelte Verbindung spürt. Dementsprechend sind Wölfe auch seine beliebtesten Motive. Seine Tiere beschützen ihn, weshalb er seinen Bildern und Objekten eine besondere Gefährlichkeit verleiht. Sie tragen Titel wie „Kriegermastino Napolitano“ oder „Kleiner bissiger Kistenwolf“. Die Bilder und Objekte entstehen in der Ateliergemeinschaft ARTquer in Frastanz, die von Erika Lutz geleitet wird. Dort finden Menschen mit Behinderung vielfältige Unterstützung für ihre kreativen Talente.

Georg Fitz lebt mit seinen Eltern in Göfis/Vorarlberg. Er ist diesen November 28 Jahre alt geworden. An zwei Vormittagen besucht er die Künstlerwerkstatt bei Erika Lutz in der Felsenau bei Feldkirch/Frastanz. Die Schreinerin und Künstlerin hat ihr Atelier in einem integrativen Kunsthaus, im Gebäude der ehemaligen Türkischrotgarnfärberei der Firma Getzner. WolfGeorg liest und sammelt Tierbücher, am liebsten Raubtiere, Tierlexika, auch Bücher über die ägyptische Mythologie, wo er sich besonders von dem mit einem Schakalskopf dargestellten Gott Anubis, dem Schutzherr der Gräber und ägyptischen Totenbräuche, inspirieren lässt. Bei Erika Lutz, die diese Ausstellung gemeinsam mit WolfGeorg zusammengestellt hat, baut er alle Arten von Wölfen, Monstern, Säbelzahntigern, Dinosaurier und andere zum Teil immer größer werdende Wundertiere mit poetisch-gefährlich klingenden Namen.

Großartige künstlerische Entwicklungsschritte


Seit der Künstler WolfGeorg weiß, dass er bei der Wolfausstellung hier im Küefer-Martis-Huus in Ruggel dabei sein darf, hat er viele neue Wölfe geschaffen. Diese stehen nun nicht mehr nur steif auf vier Beinen, sondern sitzen oder liegen und strecken den Kopf zum Heulen in die Höhe. Auch in der Technik der Holzbearbeitung hat er Neues für sich entdeckt, nämlich nicht nur Zusammenfügen von Teilen, sondern auch das Herausarbeiten, also das Bildhauern, wie z.B. beim „JungeKojote“; bei diesem Kojoten sind die Zacken oder Fransen herausgearbeitet. Auch in seiner Bildsprache hat er sich stark weiterentwickelt, im Zeichnerischen hat er seine technischen Fertigkeiten stark differenziert. Auch im thematischen Bildbereich leben seine neuen Arbeiten von einer Vielfalt der Zugänge. Er malt jetzt vermehrt ganze Rudel von Wölfen und verschiedene thematisch-fokussierte Szenen, u.a. auf der Jagd, Wölfe auf Nahrungssuche oder Wölfe in Stachelkleidern.

Das erste Objekt für die Malerei war das Tier


Kulturhistorisch schreibt man den Tieren eine Macht zu, die man zwar mit der menschlichen Macht vergleichen kann. Doch es ist dennoch nicht dasselbe. Das Tier hat etwas genuin Geheimnisvolles, ein Geheimnis, das anders ist als die Geheimnisse der Berge, der Höhlen und der Meere. Das Tier wendet sich in ganz besonderer Weise an den Menschen. (Vgl. John Berger, Warum sehen wir Tiere an?) WolfGeorg sagte mir eines Tages, „vor Hunden musst du dich gar nicht fürchten. Stell dir einen großen Hund vor dein Zimmer, dann hast du deine Ruh.“ Wenn diese Angst einflößenden Tiere Musik hören, werden sie zufrieden und friedlich. Das hat er letztes Jahr bei einer Ausstellung mit dem Titel „Die Zauberflöte“ in der Felsenau anschaulich gezeigt. Wenn man versuchen würde, mit jemandem, mit dem man streitet, nicht mit Worten zu streiten, wenn man also fluchte und vermaledeite, herrgottsacradi und dei und kruzineset, sondern sänge, würde der Streit nicht funktionieren. Das sagt Erwin Ringel, den wir in unserer Seele schon beinahe vergessen haben. Leider. „Nur wenn man den richtigen Ton findet, dann werden unsere Glocken Frieden läuten“, sagt der Chef der österreichischen Seele. Denn durch die Musik werden die innersten Emotionen herausgeholt.

„Wo die Wilden Kerle wohnen“

Das Bilderbuch von Maurice Sendak war 1963 sehr umstritten. Vorbehalte gab es vor allem wegen der Gewalttätigkeit der Bilder in der Geschichte. Max, der unbedingte Held der Kinderbuchgeschichte, zieht sich sein Wolfskostüm an und treibt allerhand Unfug. Seine Mutter nennt ihn einen wilden Kerl, worauf Max ihr entgegnet, er werde sie auffressen, wofür er prompt ohne etwas zu essen ins Bett geschickt wird. In dieser Nacht verwandelt sich sein Zimmer in einen Wald, er steigt in ein Boot und segelt „almost over a year“ über den Ozean. Dort kommt er in ein Traumland, wo die Wilden Kerle wohnen, große Monster, die er mit einem magischen Trick zähmt. Sie machen ihn zum König aller Wilden Kerle, woraufhin, so Max, das Spektakel beginnen kann. Die Wilden Kerle treiben es wirklich wild und bunt. Und gerade, als sie es sehr bunt treiben, ruft er: „Halt jetzt!“ und schickt sie ohne Abendessen ins Bett. Max, der König aller Wilden Kerle, war einsam und wollte dort sein, wo ihn jemand vor allen anderen liebte. Von weit her riecht er gute Sachen und entscheidet sich zurückzusegeln. Dorthin, wo die Suppe noch warm ist. Max, der Junge, zählt zu den tapfersten Figuren, die ich kenne, und für Kinder zählt er zu den wirklich coolen Typen.

Das spielerisch Unbewusste


Was fasziniert uns beim Betrachten von Tieren und speziell jenen Tieren, die uns WolfGeorg als Kunstwerke zeigt? Georgs Tierskulpturen besitzen eine außergewöhnliche Mächtigkeit. Sie können Ängste überwinden, Furchtsame – wie mich – schützen, sie können Geister besiegen und sie können das Herz gegen die Feder wiegen. Von ihnen geht eine das Leben bejahende Energie aus. Die kommt unter anderem aus dem spielerisch Unbewussten. WolfGeorgs auf den ersten Blick skurril anmutenden Verknüpfungen spiegeln seine Möglichkeiten des Hineinsehens in diese Welt. Georgs Kunstwerke sind das pure Leben an sich. Als Sinnbilder sind sie sehr persönlich, als wilde Bestien und Phantome sind sie offen für das Unvorhersehbare. Sie erzählen Geschichten, wie jene von Maurice Sendak. Kinder stehen drauf, wie auf die Plattencover von Frank Zappa.

Die Bedeutung des Wolfs als Symbol


Der Wolf symbolisiert Schutz und Destruktion, Stärke und Ausdauer, Instinkt gepaart mit Intelligenz, am Sozialen orientierte Werte und Orientierung. Viele amerikanische Natives sahen sich selbst als Nachfahren der Wölfe. Deshalb verehrten sie den Wolf sowohl als Gott wie auch als Vorfahre. Einige Indianerstämme glaubten sogar, dass die Timber Wölfe, die den Mond anheulen, spirituelle Wesen seien, die mit den Göttern reden konnten und magische Kräfte besaßen. Der Wolf ist auch ein Symbol für Freundschaft. Positiv definiert stehen Wölfe für loyales Verhalten, sie werden hochgeschätzt, weil sie treu und bereit sind, sich gegen Ungerechtigkeiten einzusetzen. Sie sind wachsam und aufmerksam. Als Nachkommen des Asiatischen Wolfs, geht die Beziehung der Menschen zum Wolf über 40.000 Jahre zurück. In einigen alten Kulturen war der Wolf das Symbol der Unterwelt. Im alten Ägypten war Anubis, der Wächter der Toten, ein wolfsköpfiger Gott. Die Eigenschaften des Wolfs machten ihn zum Beschützer der Seelen, die in die Unterwelt stiegen. Seine Fähigkeit, in der Dunkelheit gut zu sehen, machten ihn zum Symbol von Klugheit und Weisheit, und die Griechen, die Nordamerikanischen Indianer und die Römer haben ihn mit einem Stern verbunden, den Wolfsstern. In alten schottischen Legenden ist der grüne Wolf der Feenwelt bekannt dafür, dass er stillende Mütter in die Hügellandschaften des schottischen Hochlandes trieb, um die Feenkreaturen mit Milch zu versorgen.

„… ich komme von den Wölfen“ ist eine gelungene Ergänzung und künstlerische Erweiterung zur gesamten Wolf-Ausstellung und ideal in diese integriert. Sie zeigt die überquellende Phantasiewelt des jungen Künstlers.

 

«... ich komme von den Wölfen.»

Wolf-Objekte und -Bilder von WolfGeorg
Ausstellung im Kulturtenn des Küefer-Martis-Huus in Zusammenarbeit mit ARTquer im Rahmen der Ausstellung „Der Wolf. Zur Geschichte und Aktualität eines Mythos“.

28.11.2015 - 17.01.2016
Fr, Sa, So 14-18 Uhr

Küefer-Martis-Huus, Ruggel
kmh@adon.li