Neu in den Kinos: „Beautiful Wedding“ von Regisseur Roger Kumble (Foto: Leonine)
Silvia Thurner · 05. Aug 2023 · Musik

Anschauliche und ansprechende Hörerlebnisse

Full House für den Wiener Concert-Verein im vorarlberg museum

Seit sieben Jahren bespielt der Wiener-Concert-Verein (WCV) während der Festspielzeit das vorarlberg museum und präsentiert dort unter dem Motto „Zeitklang im Museum“ neue Musik aus Österreich. Mit einem spielerischen Zugang wurden das aktuelle Programm konzipiert und Kompositionen von Richard Dünser, Markus Nigsch sowie Thomas Daniel Schlee und Morgana Petrik sowie die Uraufführung von Johanna Doderers „Rosenkäferpolka“ unter der Leitung von Thomas Gertner präsentiert.

Bis auf den letzten Platz war der Vortragssaal gefüllt und bis auf Johanna Doderer waren auch alle Komponisten im Konzert anwesend. In amüsanten und informativen Gesprächen mit Manfred Welte vom vorarlberg museum und Morgana Petrik, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Neue Musik, gaben die Künstler Einblicke in die Werkentstehung und ihre Intentionen. So stellte sich eine angenehme Atmosphäre ein, in der die Kompositionen gut wirken konnten, zumal die Musiker:innen des WCV freudvoll musizierten.

Die Ausdruckspalette der Musik unserer Zeit ist riesig, Schranken und Hemmschwellen bezüglich tradierter Ausdrucksformen oder Klangfindungen wurden in den vergangenen Jahren obsolet. Schlussendlich zählen die Qualität der Kompositionen und die authentischen Zugänge der Komponist:innen zu ihren Werken.

Humorvoll stellte das Orchester einleitend die „Jiggs, op. 48 von Thomas Daniel Schlee in den Raum. Mittels Fußstampfen wurde der Charakter eines Volkstanzes verstärkt und die Musiker ließen die teilweise chromatischen Themenführungen Energie geladen driften.

Den Bogen des kurzweiligen Konzertes schloss Johanna Doderers „Rosenkäferpolka“, die sie im Auftrag des WCVs komponiert hat. Der Titel ist dabei zugleich Programm des wirkungsvollen Werkes. Die Farbenspiele des grünen Panzerkleides der Rosenkäfer setzte die Komponistin klanglich in einen Kontrast zum schwerfälligen Gang des Insekts, der sich im rhythmischen Aufbau widerspiegelte. So wirkten die Klangoberfläche und der Unterbau in einem aufgewühlten Miteinander auch gegeneinander. Der unterschwellig brodelnde Klanggrund ließ dabei auch Assoziationen an die bedrohte Umwelt zu.

Nebensonnen von Richard Dünser hat der Wiener Concert-Verein im Jahr 2002 im Rahmen der Bregenzer Festspiele unter der Leitung von Ulf Schirmer uraufgeführt. Nun erklang das Werk für Streichorchester erneut, diesmal im vorarlberg museum unter der Leitung von Thomas Gertner. Besonders die diffusen Stimmungen der Streicherklänge lenkten die Aufmerksamkeit auf sich und es war spannend mitzuverfolgen, wie sich die fein gesponnenen Klangfelder in hohen Lagen aus dem Gesamtklang herauskristallisierten. Wie eine Übermalung wirkten zudem die Zitate aus der letzten Schubertsonate, die das poesievolle Werk gut strukturierten.

Marcus Nigsch hat bereits mehrere Streichtrios komponiert, die alle beim Philosophicum Lech im Rahmen des Festaktes anlässlich der Überreichung des Tractatus Preises im Laufe der vergangenen Jahre uraufgeführt worden sind. Nun interpretierten Amelie David-Kaufmann (Violine), Christian Kaufmann (Viola) und Hannah Amann (Violoncello) die Trios I, II und IV mit dem etwas kryptischen Titel „Modus Mathematicus“. Was einen streng aphoristischen Stil erwarten ließ, entpuppte sich als transparent komponierte Werke. Anleihen an die Barockmusik und den kontrapunktischen Satz waren ebenso zu hören wie die Überführung der Themen in feingliedrig verwobene minimalistische Tongeflechte. Die stilistischen Wechsel und die transparente Spielart der Musiker:innen bewirkten mitteilsame und gut nachvollziehbare Hörerlebnisse.

Von Morgana Petrik spielte der Cellist Bence Temesvári das Solowerk „Du sublime au riducule“. Zu Beginn entfalteten sich Linie, die jeweils mehrstimmig aufgespreizt wurde. Allmählich fing der musikalische Satz zu straucheln an und wurde von Pausen durchsetzt, bis sich zum Ende hin wieder eine Stabilität einstellte und so den Titel „Vom Erhabenen zum Lächerlichen“ gut nachvollziehbar machte.