Die gute Gelegenheit, sich näherzukommen – Das steilste Festival in den Bergen, der Walserherbst, ist eröffnet
„Der Herbst ist da und alle zwei Jahre richtet er sich nach dem Walserherbst“, verkündete Dietmar Josef Nigsch am Freitag bei seiner Eröffnungsrede zum siebten Kulturfestival bei milden Temperaturen mitten im rege besuchten Blonser Dorfzentrum. "WeitSicht" lautet das Motto des biennal stattfindenden Festes und dieses formuliert der Festivalleiter auch als Appell an das Publikum: „Wir gehen weit, um weit zu sehen. Wir gehen weiter, um weiter zu sehen.“
Als eine Notwendigkeit betrachtet er die Weitsicht und das nicht nur um der Inspiration willen. Auch als Statement gegen die Kurzsichtigkeit von Gesellschaft und Politik möchte Dietmar Nigsch das diesjährige Festival verstanden wissen. Weitsichtig wie der Vorarlberger Theater- und Festivalmacher ist, erkannte er das Potential des Unterwegsseins in den Bergen schon früh. Laut Evelyn Fink-Mennel, Kuratorin des Musikprogramms, erzählte er ihr bereits vor zwei Jahren, sich beim nächsten Festival weit über die Baumgrenze begeben zu wollen. So entstand ein Programm, das sich neben Literatur, Musik, Theater, Kino und bildender Kunst eben auch um das Weitergehen im wahrsten Sinne dreht. Kulturgeschichtlich angereicherte Alpwanderungen stehen auf dem diesjährigen Kalendarium, das wohl kein Bedürfnis nach zeitgenössischer Kunst- und Kulturanregung unbefriedigt lässt. BesucherInnen und BewohnerInnen des Großen Walsertals sind vor allem dazu eingeladen, mitzumachen und sich einzubringen: Ob bei Workshops singend, musizierend, Holz schnitzend, ob tanzend bei vielen Festen oder eben wandernd bei den kulturhistorischen Alpgängen. „Ein ständiges Unterwegssein fordert das Leben ein“, sagt Dietmar Nigsch, begrüßt im Zuge dessen die in Blons neu angesiedelten Menschen und appelliert an alle: „Ein Festival ist eine gute Gelegenheit, sich näherzukommen.“
Orte für Begegnung und Ideen
Von größter Bedeutsamkeit ist bei diesem Festival wohl die Sicht. Ein umsichtiger Rundumblick kann dem Festivalteam attestiert werden: Brauchtum, Tradition und der Fortbestand von beidem stehen genauso im Fokus wie die Energie neuer Ideen. Menschen sämtlicher Generationen sind eingeladen, zu erzählen, zu überliefern und dies schließlich frisch weiterzutragen in die Welt. So werden u.a. musikalische Sammelstellen in Raggal, St. Gerold und Fontanella eingerichtet, in denen Geräusche, Gesänge, Geschichten oder Viehlockrufe mündlich abgegeben werden können. Diese werden von Evelyn Fink-Mennel gehört und dokumentiert. Eine weitere Sammelstelle und Ort der Begegnung ist auch der Wanderkiosk, eine Installation des Architekten Martin Mackowitz und seines Teams. Martin Bereuter fertigte den Prototypen des Kiosks, der während der Festivalzeit in Blons von sogenannten „Budisten“ bespielt wird. Es gibt einen Kalender, in den sich Kreative und Mutige mit ihrer Kiosk-Vision eintragen und diese einen Tag lang ganz real ausführen können. Bis dahin hält Budist Eugen die Stellung. Ursprünglich aus Rankweil, hat er sich zum Ziel gesetzt, in drei Wochen zum Walser zu werden.
Ausprobieren und entstehen lassen
Verbindende Gespräche unter den FestivalbesucherInnen und das Entstehen neuer Kontakte waren bereits beim Eröffnungsfest deutlich spür- und sichtbar. Die Begleitung der Landstreichmusikgruppe „Altfrentsch“ mit Matthias Lincke und Elias Menzi aus dem Appenzell sowie den hiesigen VolksmusikerInnen Matthias Härtel und Simone Türtscher regte zum Mitsingen und Mittanzen an. Zu späterer Stunde schweifte dann der musikalische Blick in den Orient und auf dem Tanzboden verbanden sich die Kulturen zu kurdischen und syrischen Kreistänzen. Etwas, das nicht im Programm vorgesehen war, sondern einfach entstand: Weil es möglich ist beim Walserherbst.
„Walserherbst – das steilste Festival mitten in den Bergen!“
Bis 11. September 2016 im Großen Walsertal in Vorarlberg
www.walserherbst.at