Junge Stimmen im Interview mit Michaela Ortner-Moosbrugger. (Foto: Ivo Vögel)
Walter Gasperi · 05. Jun 2025 · Film

Aktuell in den Filmclubs (6.6. – 12.6.2025)

Der Spielboden Dornbirn entführt diese Woche mit dem Spielfilm „Mein Weg – 780 km zu mir“ auf den Jakobsweg. Bei der LeinwandLounge der Remise Bludenz steht dagegen mit „Samia“ eine bewegende Sport- und Flüchtlingsgeschichte auf dem Programm.

Mein Weg – 780 km zu mir: Der australische Filmemacher Bill Bennett zeichnet in der Verfilmung seines 2014 erschienenen Buchs „The Way, My Way“ seine Erfahrungen auf dem Jakobsweg nach.
Bennett selbst wird vom Schauspieler Chris Haywood gespielt, während seine Frau Jennifer Cluff, die den Film auch produzierte, sich selbst spielt. Aber auch die Pilger:innen werden zu einem großen Teil von den Menschen gespielt, denen Bennett vor zehn Jahren auf dem Weg begegnete. Als optischer Aufputz scheint dagegen die Schauspielerin Laura Lakshmi engagiert worden zu sein, die eine junge niederländische Pilgerin spielt.
Mit Voiceover führt Bennett in den Film ein, fasst zusammen, wie eine Spanienreise die Idee für die Pilgerreise weckte, wie er sich vorbereitete und spart auch die ablehnende Reaktion seiner Frau nicht aus. Durchaus mit Witz und Selbstironie blickt Bennett dabei auf sich, wenn er jedes Gepäckstück mit der Küchenwaage genau wiegt oder trotz akut werdender alter Kniebeschwerden nach Spanien aufbricht.
Sympathisch macht den Film, dass Bennett sich keineswegs zum Helden aufbaut, sondern sich als sturen und besserwisserischen Menschen zeichnet, der auch nicht aus religiösen Gründen den Jakobsweg geht, sondern hofft, erst durch den Weg zu erfahren, wieso er diese Strapazen auf sich nimmt. Wie freilich die filmische Gestaltung mit simplem Schuss-Gegenschuss-Verfahren bei Gesprächen und dem obligaten Wechsel von Landschaftsaufnahmen und Begegnungen sehr einfach bleibt, so vorhersehbar und harmlos sind vor allem am Beginn auch als witzig gedachte Szenen zum Schnarchen in der Herberge oder zur Wahl des richtigen Bildausschnitts bei Fotografien.
Andererseits entwickelt „Mein Weg – 780 km zu mir“ durch diesen Szenenwechsel und den Verzicht auf Dramatisierung auch einen ruhigen Erzählrhythmus, der in die Welt der Jakobspilger:innen eintauchen lässt.
Spielboden Dornbirn: Sa 7.6., 19.30 Uhr

Samia: Ein großer Traum in dem vom Bürgerkrieg und vom Terror der Islamisten erschütterten Somalia: Die junge Läuferin Samia Yusuf Omar (1991–2012) möchte bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking teilnehmen. 
Mit Archivmaterial skizzieren Yasemin Şamdereli und Deka Mohamed Osman knapp die Entwicklung Somalias von seiner Unabhängigkeit im Jahr 1960 bis in die frühen 2000er Jahre, ehe die eigentliche Handlung mit dem Start zum 200 Meter-Lauf bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 einsetzt.
Wie zu erwarten, löst der Startschuss eine Rückblende – oder vielmehr eine Vorausblende –aus, in der eine junge Frau in der Wüste mit schnellem Lauf ihren Bewachern zu entkommen versucht. Sogleich wird dieser Handlungsstrang aber auch wieder mit einem Sprung in die Kindheit der Protagonistin unterbrochen und man sieht nun ein etwa neunjähriges Mädchen beim Stadtlauf durch Mogadischu die meisten Konkurrent:innen hinter sich lassen.
In Details bietet das Regieduo Einblick in die zunehmende Islamisierung des von einem Bürgerkrieg zerrissenen Landes, doch der Traum vom Laufen und einer Olympiateilnahme hält Samias Lebenswillen und Lebensfreude aufrecht. Während diese Olympia-Teilnahme schließlich sehr kurz gehalten wird, wird parallel zur Kindheitsgeschichte immer wieder bruchstückhaft von Samias Flucht nach Europa im Jahr 2012 erzählt. 
In der Fülle der Ereignisse neigt „Samia“ zwar zu Kurzatmigkeit, dennoch vermittelt dieses Biopic, das leichthändig Sportlerbiographie und Flüchtlingsgeschichte verbindet, an einem Einzelschicksal plastisch und bewegend, was Menschen aus Somalia und anderen Ländern Afrikas und Asiens zur Flucht bewegt.
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 11.6., 19 Uhr

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