Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 04. Apr 2024 · Film

Aktuell in den Filmclubs (5.4. – 11.4.2024)

Beim TaSKino Feldkirch steht diese Woche Jonathan Glazers erschütternder Holocaust-Film „The Zone of Interest“ auf dem Programm. Das Filmforum Bregenz zeigt dagegen mit „The Boy and the Heron – Der Junge und der Reiher“ den wohl letzten großen Animé von Hayao Miyazaki.

The Zone of Interest: Jonathan Glazer erzählt aus der Perspektive der Familie Höß vom Leben am Rande des Vernichtungslagers Auschwitz. Der Brite konzentriert sich ganz auf das beschauliche Familienleben des Lagerkommandanten im Haus mit großzügigem Garten, während das Grauen jenseits der Mauer einzig über die Tonspur in den Film eindringt.
Mit zahlreichen Details zeichnet Glazer ein wohl noch nie in einem Film so plastisch und schockierend gestaltetes Bild dessen, was Hannah Arendt als „Banalität des Bösen“ bezeichnete. Zur Dichte des Films tragen dabei neben der überragenden Tonspur von Sounddesigner Johnnie Burn, der nur punktuell eingesetzten Musik von Mika Levi auch das nüchtern-zurückhaltende Spiel von Christian Friedel und Sandra Hüller, die akkuraten Kostüme und Ausstattung und auch die Farbdramaturgie bei.
So historisch genau „The Zone of Interest“ dabei auch ist, so bleibt der Film doch nie beim Historischen, sondern erzählt auch zeitlos – oder eben brennend aktuell – von der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Denn die Parallelität des Idylls der Familie Höß in ihrem Einfamilienhaus mit Garten auf der einen Seite und dem Vernichtungslager auf der anderen Seite der Mauer lässt immer auch an heutige Parallelen wie dem mitteleuropäischen Luxusleben und der Armut in Afrika, dem Krieg in Gaza oder der Ukraine denken. – So wirft Glazer auch die Frage auf, wie wir mit diesen an sich unerträglichen Parallelitäten umgehen.
TaSKino Feldkirch im Kino GUK: Sa 6.4. bis Do 11.4.

The Boy and the Heron – Der Junge und der Reiher: Noch einmal legt der 82-jährige Hayao Miyazaki einen großen Animationsfilm vor und erzählt vom zwölfjährigen Mahito, der nach dem Verlust seiner Mutter während eines Luftangriffs auf Tokio während des Zweiten Weltkriegs in ein fantastisches Paralleluniversum abtaucht. Fern der Realität scheint diese Welt und ist doch gleichzeitig wieder mit ihr verbunden, wenn einerseits daraus die noch ungeborenen Kinder in Form von weißen Kugeln aufsteigen, andererseits Mahito hier auch auf seine Mutter trifft.
Wenn Miyazaki dabei mehrfach zwischen den Welten switcht, dann hebt er auch wieder die klaren Trennlinien von Gut und Böse auf. So verwandeln sich nämlich die nicht nur mächtigen, sondern auch sehr gefräßigen Sittiche der Parallelwelt beim Übertritt in die Realität in putzige Wellensittiche und ein Perspektivenwechsel macht auch deutlich, dass die scheinbar aggressiven Pelikane nur aus Hunger stets auf Beute aus sind.
In genau getimtem Rhythmus wechseln ruhige und heitere Momente mit düsteren Szenen. Durch die mit spürbarer Liebe zum Detail gestalteten zarten Bilder und die Intensität der genau gewählten Farben, mit denen auch die Elemente Feuer und Wasser aufeinandertreffen, bewahrt „The Boy and the Heron“ aber auch in den beunruhigenden Szenen und trotz der bedrückenden Themen Verlust und Trauer immer Leichtigkeit.
In Kauf nehmen muss man zwar, dass die Handlung teils sprunghaft verläuft und Wendungen sich nicht immer logisch erklären lassen, aber Bildkraft und Einfallsreichtum lassen darüber hinwegsehen. Denn im Kern beschwört Miyazaki hier nochmals die Kraft der Fantasie, die mit den Begegnungen und Erlebnissen in dieser Parallelwelt Mahito schließlich das Trauma überwinden und zuversichtlich in die Zukunft blicken lässt. 
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 10.4., 20 Uhr


Weitere Filmkritiken, Streamingtipps, DVD-Besprechungen und Regisseur-Porträts finden Sie auf meiner Website https://www.film-netz.com.