Aktuell in den Filmclubs (30.8. – 5.9.2024)
TaSKino Feldkirch und Filmforum Bregenz zeigen diese Woche den fesselnden Thriller „Tatami“, der von der unseligen Verflechtung von Politik und Sport erzählt. Im Skino in Schaan kann man dagegen Hayao Miyazakis 2013 entstandenen, meisterhaften Animationsfilm „Wie der Wind sich hebt“ sehen.
Tatami: Weil eine iranische Judoka im Fall von mehreren Siegen bei der WM schließlich eventuell gegen eine Israeli kämpfen müsste, fordert das Regime sie auf, sich vom Wettkampf zurückzuziehen. Doch die junge Frau weigert sich. Schon die erste Einstellung des in Schwarzweiß und im 4:3 Format gedrehten Films, bei dem mit Zar Amir Ebrahimi und Guy Nattiv erstmals eine Iranerin und ein Israeli zusammenarbeiteten, nimmt gefangen. Das kontrastreiche Schwarzweiß und die Musik laden die Bilder von Anfang an mit Spannung auf, das Filmformat erzeugt Enge und Konzentration. Das Duo demonstriert eindrücklich, dass es die Erzählstrategien des amerikanischen Spannungskinos perfekt beherrscht. Mit dynamischer Kamera, überraschenden Vogelperspektiven, rasantem Schnitt, Arbeit mit Zeitlupe und Unschärfe und dem variantenreichen Soundtrack des Deutschen Dascha Dauenhauer zieht es die Zuschauer:innen mitten ins Geschehen hinein.
Kurze Parallelmontagen in den Iran zeigen einerseits, wie Familie und Freunde Leila vor dem Fernseher begeistert anfeuern, andererseits aber auch wie der Ehemann mit dem kleinen Sohn bald vor der Polizei flüchten müssen, als sie sich den Direktiven des Regimes widersetzt. Andererseits vermitteln kurze Rückblenden einen Eindruck vom repressiven Regime.
So macht dieser kraftvolle und schier atemlose Thriller, der eindrücklich von der unseligen Verknüpfung von Politik und Sport erzählt, nicht nur Leila, sondern auch das Publikum sukzessive wütender. Doch „Tatami“ zeigt andererseits auch in der freundschaftlichen Beziehung von Leila und ihrer israelischen Konkurrentin, in der Begeisterung der iranischen Bevölkerung für ihre Judoka und schließlich in der realen Zusammenarbeit von Nattiv und Ebrahimi bei diesem Film, dass Freundschaft zwischen den Menschen möglich ist, die Feindschaft nur von einem diktatorischen Regime, das man bekämpfen muss, geschürt wird.
TaSKino Feldkirch im Kino GUK: Sa 31.8., tba; So 1.9., tba; Mo 2.9., 18 Uhr; Do 5.9., 18 Uhr
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 4.9., 20 Uhr
Wie der Wind sich hebt: Nicht in fantastische Welten wie in „Spirited Away – Chihiros Reise ins Zauberland“ oder „Das wandelnde Schloss“ entführt Hayao Miyazaki die Zuschauer:innen in seinem 2013 entstandenen Animationsfilm, sondern ins reale Japan der Zwischenkriegszeit. Vor dem historischen Hintergrund des großen Kanto-Erdbebens im Jahre 1923 über Arbeitslosigkeit und Armut im Zuge der Weltwirtschaftskrise bis zum zunehmenden Einfluss des Militärs auf den Flugzeugbau, zeichnet der Meisterregisseur das Leben von Jiro Horikoshi (1903 – 1982) nach, der schon als Junge vom Fliegen träumte. Da er aufgrund einer Kurzsichtigkeit nicht selbst Pilot werden konnte, schlug er die Laufbahn eines Flugzeugingenieurs ein und konstruierte schließlich mit dem Mitsubishi A6M Zero ein Jagdflugzeug, das beim Angriff auf Pearl Harbour und im Pazifikkrieg eine entscheidende Rolle spielte.
Miyazaki bezieht keine Stellung zur Vereinnahmung seines Protagonisten durch die Militärs, doch nichts ist diesem Pazifisten, der sich unübersehbar als Alter Ego des Tüftlers Horikoshi sieht, ferner als den Krieg zu verklären. Das Fliegen dient ihm vielmehr als Metapher fürs Leben. Zentrales Element ist in diesem ebenso liebevoll wie detailreich gestalteten Meisterwerk dabei der Wind, der Hüte und Sonnenschirme durch die Luft wirbelt und Menschen damit zusammenführt, Papierflugzeuge wilde Kurven drehen und Schneeflocken tänzeln lässt, aber auch dazu beiträgt, dass sich die Flammen beim großen Brand ausbreiten: Der Mensch kann nach Selbstverwirklichung und Glück streben, ist aber letztlich doch den Kräften der Natur und dem Lauf der Geschichte unterworfen.
Skino Schaan: Sa 31.8., 10 Uhr + Mi 4.9., 14 Uhr
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